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1303. Travestie¹⁾. Parodie²⁾.

1) Travesty.
Poème travesti, travestissement.
Travestimento.
2) Parody.
Parodie.
Parodia.

Travestie und Parodie nennt man Gedichte, in denen die Form eines bekannten Gedichtes auf einen andern Gegenstand angewendet oder der Inhalt eines bekannten Gedichtes in anderer, gewöhnlich witziger oder komischer Einkleidung dargestellt wird. Parodie (von frz. parodie, aus griech. he parodia, d. i. Nebengesang, Gegengedicht) ist der allgemeinere und höhere Ausdruck und bezeichnet eine solche Umwandlung überhaupt, nach der einen oder andern Seite hin. Gewöhnlich versteht man jedoch unter einer Parodie ein Gedicht, das der hohen, ernsthaften Form eines bekannten Gedichtes einen aus dem alltäglichen Leben genommenen komischen Inhalt unterlegt. Doch kann eine Parodie auch ernsthaften Inhaltes sein, wie die geistlichen Gesänge aus dem 16. Jahrhundert, welche Parodien beliebter Volkslieder sind (z. B. „O Welt, ich muß dich lassen usw.“ für: „Innsbruck, ich muß dich lassen“ usw.). Endlich kann eine Parodie auch eine solche Umkleidung eines Gedichtes sein, welche die Hauptvorstellungen des als Vorlage dienenden Gedichtes verwandelt und die Nebenvorstellungen beibehält. Die Travestie (von frz. travestire, verkleiden) dagegen ist nur eine solche Umkleidung eines Gedichtes, die den Inhalt des Gedichtes in den Hauptvorstellungen beibehält und die Nebenvorstellungen, häufig auch die Form umwandelt, so daß durch den auf diese Weise hervorgerufenen Gegensatz eine derb komische Wirkung entsteht. Blumauer verfaßte eine Travestie von Vergils Äneis; eine bekannte Travestie des Richard Wagnerschen Tannhäuser betitelt sich: Die Keilerei auf der Wartburg. Mahlmanns Herodes vor Bethlehem dagegen ist eine Parodie von Kotzebues Tragödie: Die Hussiten vor Naumburg. Höltys petrarchische Bettlerode ist eine Parodie eines Liedes von J. G. Jacobi. Schillers Lied von der Glocke ist unzählige Male parodiert worden.