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Deiktisch

Die Sprache ist also als Sprache — nicht bloß physikalisch, als Lufterschütterung oder Schwingung — etwas Reales. Ist so real wie eine Zeichnung, wie ein Zeichen. Als Zeichen, als hörbare Signale, müssen wir uns die Anfänge vorstellen.

Und heute noch ist die menschliche Sprache auf ihrer tiefsten Stufe deiktisch. "Geben Sie mir Leberwurst!" Der Stumme zeigt mit den Fingern auf die Leberwurst mit dem gleichen Erfolg. Der Hund schnappt nach der Leberwurst mit noch schnellerem Erfolg. Die Sprache auf ihrer höchsten Stufe ist Kunstmittel. Goethe setzt Wort an Wort, wie Raffael Farbe an Farbe. Die Sprache im geselligen Verkehr nähert sich wie im Wirtshaus, irn Handel, im Krieg und im Liebeskampf der Leberwursteinfachheit. Sie nähert sich in der feinsten Salonkonversation hervorragender, geschätzter Leute dem Kunstwerk. In der Mitte liegt Geschnatter, das gedankenlose Geschnatter, das tausend Millionen Menschen täglich stundenlang vollführen. Abseits vom Geschnatter hat sich einige Wissenschaft die Worte dienstbar gemacht, um sie wie algebraische Zeichen formelhaft zu verwenden. Ein neuer Gedanke kann dabei gar nicht herauskommen, so wenig wie durch millionenfache Kombinationen und Permutationen der zehn Zifferzeichen der Wert der Welt um ein Atom vermehrt werden kann. Wenn ein Schöpfer unser Sonnensystem geordnet hätte, so hätte er es doch ohne vorherige mathematische Berechnung hinausgeschmissen in den Raum. Und die Natur ist vollends sprachlos. Sprachlos würde auch, wer sie verstünde.