Giovanni Bellini, Giambellin



- Werk und Wirkung


Unter seine Schüler, deren er eine große Anzahl gebildet, zählt man außer den beiden genannten ausgezeichnetsten: Girolamo Mocetto, Jacopo aus Montagna, Rondinello von Ferrara, Benedetto Coda aus Ferrara, Pierfrancesco Bissolo, Pietro degli Ingannati, Piermaria Pennacchi, Andrea Cordelle Agi, Martine da Udine, Girolamo di Santa Croce, Vincenzo Catena, Andrea Previtali u.A.  

Was in Bellini's Gemälden so unwiderstehlich anzieht, ist das edle, zarte und sinnvolle Gemüt, das sich darin, bald in mildem Ernste, bald in kindlich stiller Heiterkeit ausspricht; die hohe sittliche Schönheit, die in denselben nach der liebenswürdigsten Seite, in lebendiger Natürlichkeit und großartigem Stil zur Darstellung kommt. In seinen Kirchenbildern, namentlich in seinen heiligen Familien, den sogenannten Heiligengesprächen — sante conversazioni — befolgt er bereits eine freiere, naturalistische, dem Irdischen näher gerücktere, lebendiger bewegte Auffassungsweise, als seine künstlerischen Vorgänger; allein sie sind dennoch vom Geist ächter Andacht durchweht, selbst wo er dem religiösen Ernste durch heitere, singende und musizierende, oder spielende Kinderengel eine anmutige Abwechslung zu verleihen und die Gesamtwirkung durch die Reize prachtvoller Beiwerke, Throne und Tribünen, oder lieblicher landschaftlicher Umgebung zu heben sucht. Seine Gestalten sind bei aller Individualisierung schöne, edle, ausdrucksvolle Naturen voll Kraft und Leben. Seine Madonnen erscheinen von eben so hoher Würde, als huldvoller Grazie beseelt, und in seiner Gestalt Christi gelingt es ihm zuweilen ein Ideal edler und schöner Menschlichkeit, bewältigender geistiger Übermacht und himmlischer Hoheit zu vereinigen. Seine Färbung ist von größter Tiefe, Durchsichtigkeit und Klarheit, voll warmen Lebens und Naturwahrheit und in ihrer Gesamtheit von herrlicher Wirkung.  

Als seine vorzüglichsten, noch erhaltenen und für echt erkannten Bilder, deren größte Anzahl sich in den Kirchen und Galerien von Venedig findet, werden angeführt: im Museum zu Berlin: Christus, in der Linken ein Buch haltend, mit der Rechten segnend; der tote Christus von Maria und Johannes betrauert; der tote Christus, von Maria, Johannes, Magdalena, Joseph von Arimathia und Nicodemus betrauert; Maria hält das segnende Kind auf dem Schosse; die vor einem roten Teppiche stehende Maria hält das auf einer steinernen Brüstung stehende Kind; die Darstellung Christi im Tempel; im Besitz des Direktors P. v. Cornelius ebendaselbst: eine Madonna in trono; in der Galerie zu Dresden: das Brustbild des Dogen Leonardo Loredano, und Christus, die rechte Hand segnend emporhebend (ein großartiges Bild, das aber neuerer Zeit dem Cima da Coaegliano zugeschrieben wird); in England, in der Bildersammlung in Burleighouse: Christus, dem Petrus die Himmelschlüssel übergebend; in der Bildersammlung von Castle Howard: die Beschneidung Christi (das währe mit dem Namen bezeichnete Original so vieler schon in alter Zeit gemachter Kopien); in der Liverpool-Institution: Maria mit dem Kinde; in der Bildersammlung zu Leight-Court: eine Anbetung der Könige; im Besitz des Herrn Beckford zu Bath: das Bildnis des Dogen Vendramin; in der Bildersammlung des Sir Th. Baring zu Stratton: Maria, das Kind auf dem Schosse; in der National-Galerie: Bildnis des Dogen Loredano; im Besitz des früheren Lords Dudley zu London: Maria mit dem Kinde in einer Landschaft; im Städel'schen Institut zu Frankfurt: Maria mit dem Kinde, dem h. Johannes, dem Täufer, und der h. Elisabeth; in der Brera zu Mailand: Maria mit dem Kinde in einer Zimmerarchitektur*) und Maria mit dem Kinde in einer Landschaft**); im herzoglichen Palast zu Modena: eine Madonna mit dem Kind zwischen Heiligen; in der Pinakothek zu München: das Brustbild des Künstlers, und Maria mit dem Kinde in den Armen, die Hand auf das Haupt des Donators legend; in der Leuchtenberg'schen Galerie ebendaselbst: die Beschneidung Christi; in S. Pietro und Paolo zu Murano: Maria, welcher ein Doge durch einen Heiligen vorgestellt wird; im Museum zu Neapel: die Verklärung Christi, ein vortreffliches Bild mit herrlicher Landschaft; in der Kirche S. Francesco zu Pesaro: eine Krönung Maria; in der Eremitage zu St. Petersburg: Maria mit dem Kinde auf dem Tische, zur Seite Johannes und Petrus; eine andere Maria mit dem Kinde und je zwei Heiligen auf jeder Seite; im Palast Torlonia zu Rom eine heil. Familie; in S. Monte di Pieta: Maria in trono, rechts der h. Sebastian, links der h. Rochus, mit geringen Veränderungen, zwei ziemlich gleiche Bilder; ebendaselbst befand sich im Besitz des verstorbenen Cav. Camuccini eines der schönsten Bilder des Meisters (vom Jahr 1514), für Herzog Alfons I. von Ferrara ausgeführt, das berühmte Bacchanal mit seiner zauberhaft schönen Beleuchtung und der von Tizian gemalten wundervollen Landschaft; im Museum der bildenden Künste zu Stuttgart: Christus liegt tot auf dem Schosse der Mutter, rechts die heil. Magdalena und Nikodemus, links der heil. Johannes und Joseph von Arimathia ; der heil. Jungfrau auf dem Throne wird der Donator durch St. Petrus und St. Pantaleon empfohlen; Maria mit dem Kinde und dem heil. Joseph; Maria, dem Kinde auf ihrem Schosse eine Birne reichend (sämtlich aus der ehemaligen Galerie Barbini-Breganze zu Venedig); in der k. Gemäldesammlung zu Turin: eine Madonna mit Heiligen; zu Venedig, in S. Maria de' Frari: Madonna auf dem Throne mit zwei Engeln, auf den Seitenbildern Heilige, ein Bild von großer Vollendung und trefflicher Farbenwirkung (vom Jahr 1488); in S. Giovanni e Paolo: ein großes Altarblatt, Madonna mit zehn Heiligen und drei singenden Engelknaben (in tempera); in S. Zaccaria: eine Madonna mit vier Heiligen und einem auf der Geige spielenden Engel (vom Jahr 1505) und im Chor derselben Kirche ein kleines Bild der Beschneidung Christi; in S. Salvatore: Christus mit den Jüngern zu Emmaus (gestochen von Zuliani), ein großes Bild von hoher Vortrefflichkeit, vielleicht die bedeutendste unter den noch vorhandenen Leistungen des Meisters; in S. Giovanni Crisostomo: der heil. Hieronymus in einer Landschaft (vom Jahr 1513); in der Sakristei der Kirche del Redentore: Maria, das schlafende Jesuskind anbetend, sowie ein paar andere Bilder der Madonna mit Heiligen; in der Akademie: Maria in trono (vom Jahr 1487); eine Madonna mit Heiligen (früher in S. Giobbe, angeblich von 1510), verschiedene andere Bilder der Madonna mit dem Kinde und einige kleinere allegorische Bildchen; in der Galerie Manfrini: Christus mit den Jüngern zu Emmaus und der heil. Hieronymus in seinem Studierzimmer; im Palazzo Barbarigo: ein heiliger Hieronymus in Kardinalstracht. (Außerdem werden noch einige frühere Bilder von ihm genannt: zwei vom Jahr 1464 in der Scuola di S. Girolamo, und eines im Palazzo Ducale im Magistrat der Avogaria, einen toten Christus vorstellend, vom Jahr 1472.) In der Kirche S. Corona zu Vicenza: eine Taufe Christi; in der königl. Galerie zu Wien ein Mädchen, das sich vor dem Spiegel die Haare ordnet, und eine Mutter Gottes mit dem Kinde und Heiligen. — Einige interessante Federzeichnungen von Giovanni sieht man im britischen Museum zu London.  

Man besitzt zwei Medaillen zu Ehren der Brüder Bellini Ton Vittore Camelo, sie sind aber sehr selten. Beide zeigen das Bildnis des Gefeierten und zwar das des Gentile mit der Umschrift: Gentilis Bellinus Venetas Eques Comesque, das des Giovanni mit der Umschrift: Joannes Beilinus Venet. pictor op.  

 

Literatur. Vasari, Leben der ausgezeichneten Maler, Bildh. und Baumeister. — C. Ridolfi, Le vite degli illustri pittori Veneti. Venezia 1648. — Zanetti, Della pittura Venezina e delle opere pubbliche de' veneziani maestri. Venezia 1771. — Kugler, Handbuch der Geschichte der Malerei. Kupferwerke. Pinacoteca della Imp. Reg. Academia Veneta delle belle arti. Jll. da Francesco Zanotto. Venezia 1834.

 

*) Abgebildet in den Denkmälern der Kunst. Atlas zu Kuglers Handb. der Kunstgesch. Taf. 69, Fig. 3.

**) Ebda. Taf. 69, Fig. 4.

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