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29. Abhanden¹⁾. Verloren²⁾. Verlegt³⁾.

1) To have got lost.
2) Lost.
3) Mislaid.
1) Perdu.
2) Perdu.
3) Égaré.
1) Perduto.
2) Perduto.
3) Smarrito.

Abhanden (eig. von, aus den Händen, Gegens. vorhanden) ist der allgemeinste Ausdruck und bezeichnet überhaupt alles, was mir nicht zur Hand ist und von dem ich zugleich nicht weiß, wohin es gekommen ist, sei es, daß dasselbe verlegt, verloren oder entwendet worden sei; üblich ist es hauptsächlich in den Verbindungen: abhanden sein, abhanden kommen, namentlich in der letzteren, z. B. wichtige Papiere sind abhanden gekommen. Ungewöhnlich ist Bürgers Ausdrucksweise: „Mein Trautel läßt mich nicht abhanden.“ Verlegt und verloren weisen zugleich auf die Art und Weise hin, wie mir etwas abhanden gekommen ist. Was verlegt ist, befindet sich an einem mir unbekannten Orte, aber doch noch in meiner Gewalt; was verloren ist, ist auch dem Bereiche meiner Gewalt vollständig entschwunden. „Und wäre dir auch was verloren, | erweise dich wie neugeboren“ (Goethe, Lebensregel). „Was man nicht aufgibt, hat man nie verloren“ (Schiller, Maria Stuart II,5). — Von dem, was abhanden gekommen ist, sagt man oft auch: es ist weg, hin, hinweg, fort. Weg ist kurzer, volkstümlicher Ausdruck und bezeichnet überhaupt, daß etwas von dem ursprünglichen Platze sich entfernt hat oder entfernt worden ist. Der Tisch ist weggerückt, d. h. von seinem Platze entfernt und an einen andern gestellt worden. Fort ist verwandt mit vor und heißt eigentlich vorwärts, weiter; es drückt also mit der Entfernung von dem ursprünglichen Platze zugleich ein Vorwärtsrücken aus und weist daher immer auf ein Ziel der Bewegung hin, z. B. die Vögel sind nun fortgezogen (nach dem Süden); sie sind weggezogen (d. i. schlechthin: sie haben uns verlassen). Die Diebe schleppten fort, was sie fassen konnten (an einen andern Ort, in ihre Behausung oder zu ihrem Hehler); sie schleppten es weg (sie entfernten es von dem Orte, an dem es sich bisher befand). In Wendungen wie fortgehen, fortschreiten, fortkommen u. ähnl. tritt die Bedeutung des Vorwärtsrückens noch klarer hervor. (Vgl. Art. 20.) Bei hin tritt zunächst die Bedeutung: zu einem bestimmten Ziele, in den Vordergrund: hin zu jenem Hause, jenem Manne usw. Gehst du heute ins Theater? fragt man. Ich gehe heute nicht hin, antwortet der Gefragte. Doch kann hin auch schlechtweg das Entfernen hervorheben; namentlich denkt man dabei an das Hinübergehen in eine andere Welt. So spricht man von dem Hingang ins Jenseits, von dem Hinscheiden eines Freundes. „Du wirst hin gehn, wo kein Tag mehr scheinet“ (Schiller, Hektors Abschied). Daher gewinnt hin die Bedeutung: unwiederbringlich verloren, z. B. „O Mutter, Mutter, hin ist hin, verloren ist verloren“ (Bürger, Lenore). „Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer, ich finde sie nimmer und nimmermehr“ (Goethe, Faust I). „Geh hin auf ewig!“ (Schiller, Braut von Messina IV,6). Was dagegen weg ist, ist nicht unwiederbringlich dahin, sondern kann wiederkommen oder wiedererlangt werden. „Weg ist alles, was du liebtest, weg, warum du dich betrübtest, weg dein Fleiß und deine Ruh“ (Goethe, Neue Liebe, neues Leben). Hinweg verstärkt das einfache weg, auch ist es gewählter als das volksmäßige weg; es deutet gewöhnlich eine dauernde und bleibende Entfernung an: „Fort, hinweg, hinweg aus diesem Haus des Schreckens!“ (Schiller, Wallensteins Tod). „Folge mir nicht! Hinweg! Mir folge niemand!“ (Schiller, Braut von Messina II, 6. Vgl. hierzu Sanders, Wb. d. Syn. S. 65). Verloren hat häufig auch die Bedeutung: vergeblich, umsonst, eine Bedeutung, die abhanden und verlegt niemals haben können, z. B. An dem ist all eure Mühe verloren, verlorene Liebesmüh'. „Hopf und Malz, die sind an uns verloren“, „An dem ist eure Kunst verloren“ (Schiller, M. Stuart I,3). Auch die Bedeutung, daß sich jemand in einer Lage befindet, aus der er nicht mehr gerettet werden kann, wohnt dem Worte verloren bei, gleichfalls eine Bedeutung, die den Worten abhanden und verlegt niemals zukommt, z. B. ein verlorener Posten; das Schiff war rettungslos verloren. Wir sind verloren! usw. Auch kann verloren im Sinne von vertieft in etwas, ausschließlich mit etwas beschäftigt, gebraucht werden: In süße Träumerei, in Gedanken verloren. „Eitel in sich selbst verloren“ (Schiller, An Minna).