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Schrift und schlechte Literatur

Eine arge Seite der Schrift darf nicht übersehen werden. So lange es keine Schrift gab, war eine schlechte Literatur nicht möglich. Das Genie, das einmal oder wiederholt etwas Benkenswertes aussprach, hatte freilich fruchtlos gelebt, wenn kein Zeitgenosse es verstand. Der Fall kommt aber seltener vor, als man gewöhnlich glaubt. Denn wie die Wassertropfen selbst in haushohen Wellen sich so bewegen, dass ein Tropfen immer nur unmerklich höher steigt als der andere, und wie nur kraftloser Schaum sich völlig von der Gewalt der Wogenmasse loslöst, so ist auch der hervorragende Mensch geistig immer im Zusammenhang mit der zeitgenössischen Menschenmasse. Vor Erfindung der Schrift war also Literatur, was durch Inhalt oder Form wert war gemerkt zu werden, was den Gedanken oder Wortschatz des Volkes vermehrte. Gemerkt werden und wertvoll sein, war dasselbe, so wie das Goldmetall aus der Goldgrube dadurch zum Wert wird, dass es gesammelt wird. Das Volk machte wirklich seine Literatur, indem es merkte, was es wollte.

Seitdem die Schrift erfunden worden ist, kann jeder einzelne behaupten, sein Wortgefüge sei nach Inhalt oder Form denkenswert. Er läßt dieses Wortgemengsel einfach drucken, so wie die Hunde ihr Bellen drucken lassen könnten, wenn sie Schrift und Presse kaufen könnten. Oder auch wie jeder Narr, wenn er zufällig ein Pharao war, es in der Gewalt hatte, sich eine Pyramide als Grabstein zu setzen.