Zum Hauptinhalt springen

Luftverbesserungsmittel

Luftverbesserungsmittel. Das erste und größte Mittel zur Verbesserung der Luft in den Wohn- und Schlafzimmern ist die frische atmosphärische Luft, welche nach vorhergegangener Reinigung der Zimmer durch Zugluft mittelst geöffneter Fenster und Türen, die stundenlang offen stehen müssen, hinein-, und die unreine Luft hinausgelassen wird. Außerdem müssen die Wohn- und Schlafzimmer nach Süd-Ost, Süden, oder Süd-West, zumal in unseren Gegenden, gelegen sein; denn sonst fehlt es ihnen an Sonnenschein, und alle solche Zimmer sind feucht und enthalten ungesunde Luft, man mag lüften, so viel man will. — Alle Räucherpulver, um üble Gerüche in Zimmern zu vertreiben, sind zu tadeln, indem sie die Zimmerluft nicht verbessern, sondern nur der Nase schmeicheln, eben so wie saurer Wein dem Munde, wenn viel Zucker darin ist, obgleich er dennoch ein saurer Wein bleibt und ebenso nachteilig für den Magen als jene unreine Luft für die Lungen ist.

In Krankenzimmern, wo Ansteckung stattfinden kann, muss man nicht allein häufig Fenster und Türen öffnen, sondern man kann auch die Zimmerluft dadurch verbessern, dass man guten Weinessig darin in Dampf verwandelt, den Fußboden mit Essig besprengt, sich mit Kräuter-, Rauten- oder Vierräuberessig Gesicht und Hände wäscht (s. Essig) und bei sehr schlimmen ansteckenden Krankheiten die übersalzsauren Räucherungen von Guyton-Morveau mit Vorsicht anwendet (s. Chlorkalk S. 129).

Osiander (a. a. O. S. 309) sagt unter dem Artikel Pest und Typhus: „Die größten Mittel, die Luft in Krankenzimmern zu verbessern, und die Contagien der Pest, des Fleckfiebers, des gelben Fiebers und anderer pestartigen Krankheiten daraus zu vertreiben, sind: Reinlichkeit und Kälte. (Das gelbe Fieber verschwindet, nach Pariset, mit jedem ersten Frost.) Durch sorgfältiges Abwaschen und Reinigen des Zimmers und aller Gegenstände in demselben sowohl, als durch den Winterfrost, dem es bei offenen Fenstern ausgesetzt wird, kann man das in ihm haftende Contagium am gewissesten daraus verscheuchen. — Dahin gehört auch das von Howard als kräftiges Tilgungsmittel aller pestartigen Gifte empfohlene, mehrmalige Anstreichen der Wände mit Kalk, oder das Übertünchen, wovon selbst mehr zu erwarten ist, als von den salzsauren oder salpetersauren Räucherungen, die nach der Erfahrung berühmter Männer, wie v. Hildenbrand, Hufeland und Pariset, auf Contagien, wenigstens das Fleckfieberkontagium und das Miasma des gelben Fiebers, nicht so spezifisch einwirken, wie man früher glaubte“ (? M.). Die Verbesserung der Luft im Grossen, wenn sie durch Erdbeben, vulkanische Ausbrüche, Sumpfausdünstungen u. s. w. verdorben ist, steht nicht in unserer Gewalt, obgleich es Tatsache ist, dass allen großen verheerenden Epidemien älterer und neuerer Zeit, selbst dem ersten Ausbruche der Cholera in Indien (1817) große Erdbeben, vulkanische Erscheinungen, Überschwemmungen, bedeutende und zahlreiche Meteore vorhergegangen sind und damit im Zusammenhange stehen. Sie alle deuten auf Luftverderbnisse, indem hier auf dem Erdball im Grossen durch die Erdbeben geschieht, was wir im Kleinen beim Umbrechen des mit vielem Humus, mit verwesten organischen Stoffen geschwängerten, in Niederungen der Flüsse und in den Urwäldern der neuen Welt gelegenen Erdbodens wahrnehmen, d. i. schädliche Luftausdünstungen. Das Innere unseres Erdballs kennen wir zwar sehr wenig, es lässt sich aber mit Wahrscheinlichkeit annehmen, dass darin sehr große, sich weit erstreckende Höhlen mit irrespirablen Luftarten vorhanden sein müssen, weil man die Erschütterungen eines Erdbebens oft in bedeutenden Entfernungen wahrnimmt, wie z. B. das Erdbeben zu Lissabon am 1. November 1755, durch gleichzeitige Erdstösse in Petersburg.

Je größer und älter die Städte sind, desto mehr und desto bedeutender sind die Lager von organischem Schutt, so dass man mit Recht sagen kann, sie sind auf den Gräbern der Vorzeit gebaut, was unter anderem z. B. von Rom gilt und von der dortigen Aria cattiva als Wirkung derselben. Daher dann hier die größere Luftverderbnis, die Entwicklung von Miasmen, die selbst Contagien bilden können, — daher das sonst so Rätselhafte in der Verbreitung der Cholera, — daher die Menge der Meteore, die gleichsam als große Irrlichter, als in Entzündung übergegangene schädliche Gasarten, womit die Luft überhäuft ist, zu betrachten sind.

Sehr nachteilig wirkt die Luft in eingeschlossenen Räumen, in Kloaken, in manchen Bergwerken, in verschlossenen Brunnen, in feuchten Wohnungen und besonders in dumpfigen, dem Lichte und der Luft nicht zugänglichen Gefängnissen, wo sie mit Kohlenstoff, Stickstoff, gekohltem Schwefelwasserstoffgas u. s. w. überladen wird, und es ist ein wichtiger, leider! in Deutschland noch zu wenig von der Gesundheitspolizei beachteter Gegenstand, darauf zu sehen, dass sowohl beim Bauen der Häuser auf gesunde Wohnungen (guter, trockner Grund, hohes Fundament, gutes Baumaterial, guter Kalk, trockne, gut gebrannte Backsteine u. s. w.) gesehen und diese nicht zu früh, ehe sie trocken geworden, verklebt und bezogen werden, als auch dass die Gefängnisse, die hie und da noch wahre Mordlöcher der Gesundheit sind, zweckmäßiger eingerichtet werden, damit sie der Gesundheit der Gefangenen nicht schaden.

Heister (l. c. p. 303) empfiehlt bei herrschenden pestartigen Krankheiten denjenigen, welche sich nicht isolieren und den Umgang mit Kranken fliehen können, folgende einfache Schutzmittel: 1) Alle schwächende Einflüsse, wohin auch Aderlassen, Purgiermittel und Fontanellen gehören, als schädlich zu meiden; 2) Mut zu haben; 3) nicht nüchtern zu Kranken zu gehen, sondern vorher Brot und Butter zu essen und spanischen Wein zu trinken; 4) den Speichel nicht zu verschlucken; 5) den Mund mit Essig auszuspülen und die Hände damit zu waschen; 6) regelmäßig zu leben, ne quid nimis; 7) bei üblem Geruch einen Schwamm mit Essig vor die Nase zu halten, und 8) mit Schwefel oder Essig zu räuchern. Osiander (1. c p. 313) setzt hinzu: „Ich finde nicht, dass Neuere etwas anderes oder besseres angäben.“ Wenn letzterer indessen die schützende Wirkung des Wein- oder Branntweintrinkens zu Pestzeiten nur daraus erklärt, dass die Spirituosa die Furcht verscheuchen, etwa angesteckt worden zu sein; so hat er dabei die belebenden, erwärmenden, die Hautfunktion und Nierentätigkeit betätigenden Wirkungen der geistigen Getränke, wodurch der Organismus selbst kontagiöser Stoffe, die kürzlich ins Blut gelangt sind und noch nicht lange im Körper verweilt haben, sich entledigen kann, zu gering in Anschlag gebracht. Sehr zu beachten sind auch die Regeln: vor dem Eintritt in dumpfe, mit verpesteter Luft erfüllte Krankenstuben, Fenster und Thür einige Augenblicke öffnen zu lassen; sich nicht lange darin aufzuhalten, und, wovor Richter besonders zu warnen pflegte, die Bettdecke nicht zu lüften. Schwarze Tuchkleider sind für Ärzte und Krankenwärter ganz unzweckmäßig, da sie am meisten die riechenden Effluvien absorbieren. Als Schutzmittel der Pest, die unter dem Namen des schwarzen Todes im Jahr 1348 über ganz Europa herrschte, gibt Boccaccio in seinem „Decamerone“ folgenden Rat: „Wenn man nach Herzenslust trinke und fröhlich sei, wenn man sich ergötze, singe und scherze, über Alles, was vorkommt, lache und spaße, so brauche man das beste Heilmittel gegen ein so großes Übel.“ Mut zu haben, die Gefahr nicht zu achten, ihr zum Trotz zu leben, hat sich auch in der Cholera als das Hauptschutzmittel erwiesen, auf das am Ende alle Regierungen und Regierte zurückkommen (Osiander l. c. p. 321).

Ein dünnes Blatt, z. B. ein Tabaksblatt, auf die Stelle zu legen, wo man den Puls fühlt, wird von einigen Ärzten in Konstantinopel angewandt, um jede unmittelbare Berührung mit Pestkranken zu vermeiden. Viele Ärzte nehmen nach beendigtem Krankenbesuche ein warmes Bad, mit etwas Essig versetzt, und wechseln die Kleider bis aufs Hemde. — Nicht allein zum äußerlichen, auch zum innerlichen Gebrauch wird das Baumöl in der Pest empfohlen. Ein portugiesischer Konsul machte zuerst darauf aufmerksam. „Von 200 Personen, die in guter Zeit und hinreichender Dosis Baumöl getrunken, sind kaum zehn dem Tode als Opfer heimgefallen.“ Sobald man sich angesteckt fühlt, soll man sogleich, und auf einmal vier bis acht Unzen Baumöl trinken, wonach reichlicher Schweiß ausbricht, den man durch Fliedertee unterhält. (Med.-chirurg. Zeitung 1819.)

Zur Kur des gelben Fiebers reichen, nach Pariset’s Versicherung, oft die einfachsten, unbedeutendsten Hausmittel aus. So retteten durch frische Luft, milde kühlende und säuerliche Getränke, durch leichte Nahrung, Klistiere und Fomentationen in Cadix einzelne, von der Polizei geduldete Frauen viele Kranke der Art. Einen in Westindien am gelben Fieber leidenden Offizier retteten, wie schon oben erwähnt, zwei Mulattenmädchen durch Reibungen des Körpers mit Zitronen (s. Zitrone).