Aus Gerichtssaalberichten


Kriminalist. »Dr. Elbogen: Baron Natorp hat heute seinem Befremden Ausdruck gegeben, dass private Äußerungen hier wiedergegeben wurden. — Vors.: Der Zeuge hat nur eine Tatsache erzählt über die Art, wie Sie sich eingeführt haben. — Der Klageanwalt legt einen Brief vor, den ihm Regierungsrat Dr. Hinterstoißer geschrieben hat und in dem es heißt: ›Ich lese eben die Zeitungsberichte und die Behauptung des Dr. Elbogen, dass ich ihm gestern sagte, nach dieser Aussage der Odilon zweifle ich, dass sie kuratelbedürftig ist. Es liegt mir daran, Ihnen zur Kenntnis zu bringen, dass ich dem Verhöre der Frau Odilon beiwohnte und bei einem zufälligen Zusammentreffen mit Dr. Elbogen sagte usw.‹ — Dr. Elbogen behauptet, dass er beim Justizminister war, um diesen um seine Hilfeleistung zu ersuchen. Er (Zeuge) könnte eine sehr bezeichnende Äußerung wiedergeben, welche der Minister nicht gerade über Dr. Stein, sondern über die ganze Richtung gemacht hat.« … »Zeuge: Ich habe damals über Ersuchen der Frau Odilon den Dr. Elbogen aus Wien berufen; von da ab hat er sie vertreten, und er hat sie auch in Agram besucht, wo dann die ersten Zeitungsnotizen erschienen.« … »Dr. Elbogen (nach einer begeisterten Schilderung der geistigen Intaktheit der Frau Odilon): »Sie hat sich bei mir unzähligemale unter Tränen über die moralischen Mißhandlungen beklagt, denen sie von Seite des Dr. Müller ausgesetzt war. — Präs.: Ihnen gegenüber. — Zeuge: Mir gegenüber. — Präs.: Es ist nämlich in direktem Widerspruch mit dem, was Frau Odilon heute hier gesagt hat. — Zeuge: Wenn Frau Odilon das gesagt hat, muß sie ihr Gedächtnis im Stich gelassen haben« … »Herr Dr. Kramer, der Verteidiger (zu Dr. Zerkowitz): Ist Ihnen bekannt, dass in Österreich in erster Linie auf den Wunsch der Kurandin in Bezug auf die Person des Kurators Rücksicht genommen wird? — Zeuge: Gerade so wie in Ungarn. — Dr. Kramer: Konnte gegen Ihre Person irgend ein Anstand erhoben werden? — Zeuge verneint.« … »Zeugin: Er hat beim Essen zuerst für sich nur allein gezahlt und dann mnßte ich für die Tante und mich zahlen. — Dr. Kramer: Daraus ergibt sich, dass die berühmte Künstlerin Odilon keine Wurzen gefunden hat.« … »Dr. Kramer: Haben Sie Ihrer Tante erzählt, dass Pecic zuerst Ihre Gunst errungen hat oder hatte sie keine Ahnung? — Zeugin: O ja, er hat ihr alles erzählt. — Dr. Kramer: Woher wissen Sie das? — Zeugin: Weil er es mir zurückerzählt hat. — Dr. Kramer: Und Sie haben es geglaubt

 

 

Nr. 217, VIII. Jahr

23. Jänner 1907.


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