Jung is er halt!


Ein Unterrichtsminister, stelle ich mir vor, ist einer, der noch mehr Deutsch kann als ein Gymnasialprofessor, der darin wieder den Schüler übertreffen muß. Aber man täuscht sich oft. Genötigt, einen Aufsatz über das Thema »Musik- und Theaterfest« — was allerdings schwer ist — zu liefern, ward er, ungestüm wie er ist, in die folgende Affäre verstrickt:

— — ich verweise auf die bedeutungsvolle Aufführung von in unserer Zeit fast unbekannten Glucks Meisterballett »Don Juan« in unserer Staatsoper — —

So hineinzutreten! Hätte er den Satz vor dreißig Jahren geschrieben, er wäre nicht zum Unterrichtsminister aufgestiegen. Nun, ohne Kopfzerbrechen ist es gewiß nicht abgegangen. Da stand wohl zuerst:

— — Aufführung des in unserer Zeit fast unbekannten Glucks Meisterballett — —

Unmöglich! Zurück! Also:

— — vom in unserer Zeit fast unbekannten Meisterballett Glucks »Don Juan« — —

Zurück! Vielleicht:

— — von in unserer Zeit fast unbekanntem Glucks — —

Aber!

— — von in unserer Zeit fat unbekannten — — von Gluck — Gluck — Gluck —

Setzen! Also wie denn? Ich würde für gottbehüte künftige Musik- und Theaterfeste empfehlen:

— — von Glucks in unserer Zeit fast unbekanntem Meisterballett »Don Juan« — —

oder:

— — des in unserer Zeit fast unbekannten Meisterballetts »Don Juan« von Gluck — —

Aber wenn ich Unterrichtsminister wäre und hätte schon das Malheur gehabt, so würde ich fleißig den Unterricht inspizieren gehn, weil vielleicht doch etwas hängen bleibt. Es kann ja noch alles gut werden. Eine vortreffliche Leserin erinnert mich daran, dass ich einst in einer Glosse den Einspännerkutscher, dessen Pferd in ein Schaufenster eindrang, die alle Beteiligten durchaus beruhigenden und den Vorfall erledigenden Worte sprechen ließ: »Jung is er halt!«

 

 

Dezember 1924.


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