Ein besserer Österreicher


Professor Heinrich Lammasch, Mitglied des Herrenhauses, zitiert in der ›Arbeiter-Zeitung‹ die Hoffnung des Reichskanzlers, dass »die Wiederkehr einer so ungeheuerlichen Katastrophe« sich werde verhüten lassen, und fügt zu diesem Wort in Klammern die Bemerkung: »Jetzt heißt es nicht mehr ›einer so großen und erhabenen Zeit‹«. Auch er hofft, dass es gelingen werde: »mögen auch diejenigen, die aus jener ungeheuerlichen Katastrophe‹ private Vorteile gezogen haben, vom Arbeiter in gewissen Industrien, der den dreifachen Lohn erhielt, bis zum leitenden Verwaltungsrat ebenderselben, der die hundertfache Tantième bezog, mögen alle alle diejenigen, die sich letzten Endes mit Menschenfleisch gemästet haben, allem widerstreben, was auf die friedliche Schlichtung internationaler Konflikte abzielt.« Auch spricht er von der »gelinde gesagt, zwiespältigen Haltung, die die amtlichen Vertreter des deutschen Reiches auf den Haager Konferenzen, insbesondere 1907, gegenüber jenen recht bescheidenen Anträgen anderer Mächte einnahmen ...«, dass »diese Politik dem Ansehen des deutschen Reiches wie der Erhaltung des Weltfriedens in hohem Grade abträglich war« und dass dies »allmählich auch führende Männer innerhalb der schwarz-weißen Grenzen einzusehen beginnen«. Auch meint er, dass »die Staatsmänner genötigt sein werden, von dem bisher betretenen Wege des Wettrüstens abzugehen, weil es an Menschen und an materiellen Kräften fehlen wird, um auf ihm weiterzuschreiten« und dass sie »sich nach anderen Mitteln der Friedenssicherung werden umsehen müssen, eben nach jenen, auf die Herr v. Bethmann Hollweg in Übereinstimmung mit vorangegangenen, bei uns viel zu wenig gewürdigten Äußerungen von Asquith, Grey und Briand hingedeutet hat.« »Galt früher«, so sagt er, »das Gleichgewicht der Kräfte als Bürgschaft des Friedens, so wird sie in Zukunft im Gleichgewicht der Schwächung aller am Kriege beteiligten Mächte gelegen sein und in ihrem notwendigen Bestreben, hinter den neutral Gebliebenen im kulturellen Wettbewerb nicht ganz zurückzubleiben.« — Ich habe nie bezweifelt, dass Professor Heinrich Lammasch in einem Lande, wo alle ehrenwerte Männer sind, einer der wenigen ehrenwerten Männer ist, und in einem Lande, in dem auch der Mantel christlicher Nächstenliebe nach dem Wind gehängt wird, ein Christ.

 

 

Januar, 1917.


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