Nun muß ich lächeln über alles Schlimme,
Was ich die vor'ge Nacht geträumt; und hab'
Ich dir es gar geschrieben? Anders bin
Ich itzt gesinnt.
Er kam und mir frohlockte
Das Herz, wie er herab die Straße ging,
Und mir das Volk den fremden Herrlichen
Bestaunt'! und lobend über ihn geheim
Die Nachbarn sich besprachen, und er itzt
Den Knaben, der an ihm vorüberging,
Nach meinem Hause fragt'; ich sahe nicht
Hinaus, ich konnt', an meinem Tische sitzend,
Ihn ohne Scheue sehn - wie red' ich viel?
Und da er nun herauf die Treppe kam,
Und ich die Tritte hört' und seine Türe
Mein Vater öffnete, sie draußen sich
Stillschweigend grüßten, daß ich nicht
Ein Wort vernehmen konnt', ich Unvernünft'ge,
Wie ward mir bange wieder? Und sie blieben
Nicht kurze Zeit allein im andern Zimmer,
Daß ich es länger nicht erdulden konnt,
Und dacht': ich könnte wohl den Vater fragen
Um dies und jenes, was ich wissen mußte.
Dann hätt' ichs wohl gesehn in ihren Augen,
Wie mir es werden sollte. Doch ich kam
Bis an die Schwelle nur, ging lieber doch
In meinen Garten, wo die Pflanzen sonst,
In andrer Zeit, die Stunde mir gekürzt.
Und fröhlich glänzten, von des Morgens Tau
Gesättiget, im frischen Lichte sie
Ins Auge mir, wie liebend sich das Kind
An die betrübte Mutter drängt, so waren
Die Blumen und die Blüten um mich rings,
Und schöne Pforten wölbten über mir
Die Bäume.
Doch ich konnt' es itzt nicht achten,
Nur ernster ward und schwerer nur, und bänger
Das Herz mir Armen immer, und ich sollte
Wie eine Dienerin von ferne lauschen,
Ob sie vielleicht mich riefen, diese Männer.
Ich wollte nun auch nimmer um mich sehn,
Und barg in meiner Laube mich und weinte,
Und hielt die Hände vor das Auge mir.
Da hört' ich sanft des Vaters Stimme nah,
Und lächelnd traten, da ich noch die Tränen
Mir trocknete, die beiden in die Laube:
»Hast du dich so geängstiget, mein Kind!
Und zürnst du,« sprach der Vater, »daß ich erst
Vor mich den edeln Gast behalten wollt'?
Ihn hast du nun. Er mag die Zürnende
Mit mir versöhnen, wenn ich Unrecht tat.«
So sprach er; und wir reichten alle drei
Die Händ' einander, und der Vater sah
Mit stiller Freud' uns an -
»Ein Trefflicher
Ist dein geworden, Tochter!« sprach er itzt,
»Und dein, o Sohn! dies heiligliebend Weib.
Ein freudig Wunder, daß die alten Augen
Mir übergehen, seid ihr mir, und blüht,
Wie eine seltne Blume, mir, ihr Beiden!
Denn nicht gelingt es immerhin den Menschen,
Das Ihrige zu finden. Großes Glück
Zu tragen und zu opfern gibt der Gott
Den Einen, weniger gegeben ist
Den Andern; aber hoffend leben sie.
Zwei Genien geleiten auf und ab
Uns Lebende, die Hoffnung und der Dank.
Mit Einsamen und Armen wandelt jene,
Die Immerwache; dieser führt aus Wonne
Die Glücklichen des Weges freundlich weiter,
Vor bösem Schicksal sie bewahrend. Oft,
Wenn er entfloh, erhuben sich zu sehr
Die Freudigen, und rächend traf sie bald
Das ungebetne Weh.
Doch gerne teilt
Das freie Herz von seinen Freuden aus,
Der Sonne gleich, die liebend ihre Strahlen
An ihrem Tag aus goldner Fülle gibt;
Und um die Guten dämmert oft und glänzt
Ein Kreis voll Licht und Lust, so lang sie leben.
O Frühling meiner Kinder, blühe nun,
Und altre nicht zu bald, und reife schön!«
So sprach der gute Vater. Vieles wollt'
Er wohl noch sagen, denn die Seele war
Ihm aufgegangen; aber Worte fehlten ihm.
Er gab ihn mir und segnet' uns und ging
Hinweg.
Ihr Himmelslüfte, die ihr oft
Mich tröstend angeweht, nun atmetet
Ihr heiligend um unser goldnes Glück!
Wie anders wars, wie anders, da mit ihm,
Dem Liebenden, dem Freudigen, ich itzt,
Ich Freudige, zu unsrer Mutter auf,
Zur schönen Sonne sah! nun dämmert' es
Im Auge nicht, wie sonst im sehnenden,
Nun grüßt' ich helle dich, du stolzes Licht!
Und lächelnd weiltest du, und kamst und schmücktest
Den Lieben mir, und kränztest ihm mit Rosen
Die Schläfe, Freundliches!
Und meine Bäume,
Sie streuten auch ein hold Geschenk herab,
Zu meinem Fest, vom Überfluß der Blüten!
Da ging ich sonst; ach! zu den Pflanzen flüchtet
Ich oft mein Herz, bei ihnen weilt ich oft
Und hing an ihnen; dennoch ruht ich nie,
Und meine Seele war nicht gegenwärtig.
Wie eine Quelle, wenn die jugendliche
Dem heimatlichen Berge nun entwich,
Die Pfade bebend sucht, und flieht und zögert,
Und durch die Wiesen irrt und bleiben möcht',
Und sehnend, hoffend immer doch enteilt:
So war ich; aber liebend hat der stolze,
Der schöne Strom die flüchtige genommen,
Und ruhig wall' ich nun, wohin der sichre
Mich bringen will, hinab am heitern Ufer.