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An eine Fürstin von Dessau

Aus stillem Hause senden die Götter oft
    Auf kurze Zeit zu Fremden die Lieblinge,
          Damit, erinnert, sich am edlen
                Bilde der Sterblichen Herz erfreue.

So kommst du aus Luisiums Hainen auch,
    Aus heilger Schwelle dort, wo geräuschlos rings
          Die Lüfte sind und friedlich um dein
                Dach die geselligen Bäume spielen,

Aus deines Tempels Freuden, o Priesterin!
    Zu uns, wenn schon die Wolke das Haupt uns beugt
          Und längst ein göttlich Ungewitter
                ——— über dem Haupt uns wandelt.

O teuer warst du, Priesterin! da du dort
    Im Stillen göttlich Feuer behütetest,
          Doch teurer heute, da du Zeiten
                Unter den Zeitlichen segnend feierst.

Denn wo die Reinen wandeln, vernehmlicher
    Ist da der Geist, und offen und heiter blühn
          Des Lebens dämmernde Gestalten
                Da, wo ein sicheres Licht erscheinet.

Und wie auf dunkler Wolke der schweigende,
    Der schöne Bogen blühet, ein Zeichen ist
          Er künftger Zeit, ein Angedenken
                Seliger Tage, die einst gewesen,

So ist dein Leben, heilige Fremdlingin!
    Wenn du Vergangnes über Italiens
          Zerbrochnen Säulen, wenn du neues
                Grünen aus stürmischer Zeit betrachtest.