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Europäisches Gleichgewicht

Europäisches Gleichgewicht spielt schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts auch im Deutschen eine bedeutsame Rolle als diplomatisches Schlagwort, das freilich früh genug als utopische Forderung belächelt oder verspottet wird. J. C. Moser, Abh. von Ahndung fehlerh. u. unanst. Schreiben (1750) S. 171 erwähnt „das damalige Gleichgewicht Europens“. Dann findet sich als Titel: „Vorschlag, wie die überwiegende Macht von Frankreich in ein Gleich-Gewicht mit denen andern Europäischen Staaten könnte gebracht werden“ in v. Loens Gedanken zur Verb. der Menschl. Gesellschaft (1752) S. 123. Von den zahlreichen späteren Anführungen nenne ich Wieland 32, 171 (1776) „die Balance von Europa“, ferner aus dem Taschenb. für Freunde des Scherzes (1798) S. 4 die Apostrophe:

„Monarchen, Opfer der Chimäre
Des Europäischen Gleichgewichts.“

Ausführlich bekämpft Jahn 2, 577 (1833) diese Theorie: „Die Herren Gleichgewichts-Aicher führen falsch Maß und Gewicht, wollen eine Machtgleichheit der Staaten ausmitteln, ein ebenso töricht und wahnschaffen Ding als allgemeine Gleichheit des Vermögens.“ Aber auch Jean Paul, Seume, Brentano, Börne, Hauff, Immermann usw. verwandten das Schlagwort.

Der Ausdruck ist als solches zuerst im Englischen nachzuweisen, wo Muray 1, 631 Balance of Europe bereits 1677, Balance of power in Europe 1701 belegt. Dazu die ergänzenden Ausführungen Lothar Buchers, Deutsche Revue, 12. Jahrgang, Bd. 3, S. 333 ff., welcher betont, dass das deutsche Schlagwort eigentlich nur eine unklare Bezeichnung für die beiden unterschiedlichen Ausdrücke equilibrium und balance of power ist. S. 336: „Aequilibrium in dem Sinne der oben angeführten Aktenstücke soll verhindern, dass einer stark genug werde, um die Übrigen zu bezwingen; eine Politik der balance of power, mit Erfolg betrieben, würde dahin führen, dass einer, wenn auch nicht der Stärkste, den Willen der Übrigen beherrschte.“

Ähnlich stehts mit den entsprechenden französischen Ausdrücken équilibre (européen) und balance du pouvoir bez. de l’Europe, die ebenfalls seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ihre Rolle spielen, wie aus den Angaben bei Hatzf.-Darmesteter zu entnehmen ist.