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Emanzipation der Frauen

Emanzipation der Frauen, ein Schlagwort, das auf Vater Enfantin zurückgeht, der seit 1831 als eins seiner Hauptziele proklamierte: l’affranchissement de la femme (siehe Œuvres, Paris 1868, Bd. 1, 44 und Bd. 2, 66 usw.) und damit ältere Bestrebungen wirkungsvoll erneuerte. Vgl. Mundt, Gesch. der Gesellschaft S. 241 ff.

Noch im Jahre 1831 berichtet Börne 10, 120 aus Paris: „Doch einen andern Grundsatz sprechen die Simonisten deutlich aus: den der Emanzipation der Weiber.“ Keiner hat dann in Deutschland größere Propaganda für diese Idee gemacht als Mundt. Siehe nur seine gewaltiges Aufsehen erregende Schrift „Madonna“ (1835), z. B. S. 301 und das ausdrückliche Zeugnis von Ernst von der Haide S. 110: „Niemandem stehe das hohe Wort für Emanzipation der Frauen besser an, als Theodor Mundt.“

Der Widerspruch gegen das laut verkündete Schlagwort regt sich bald. Menzel, Deutsche Literatur 4, 265 (1836) wendet emstlich ein: „Während man versäumt, die Freiheit da zu fördern, wo sie hingehört, sucht man sie dort, wo sie nur eine Karikatur ist. Daher die Emanzipation der Kinder und Weiber in unserer Zeit, über der man die der Männer ganz zu vergessen zu wollen scheint.“

Aufs lebhafteste verwahrt sich Gutzkow, Zur Philosophie der Geschichte (1836) S. 148 f. gegen „jene tolle Emanzipationsidee der Frauen, welche in unsern Tagen noch immer in einigen Köpfen spukt, ob sich ihre Erfinder gleich schon lange an den Nil zurückgezogen haben. Wie ich denn in der jüngsten Zeit in Deutschland ein System bekommen habe, ohne zu wissen, wie? soll ich auch das Apostelamt der femme libre übernommen haben. Der Ausdruck: Emanzipation der Liebe findet sich meinen Schriften und gern sass’ ich mit diesen zusammen, was ich in juristischer Beziehung über die Ehe an verschiedenen Orten ausgesprochen habe.“ Aber: „Die Emanzipation der Frauen ist die albernste Idee, welche unser Zeitalter ausgeheckt hat.“ Seit 1846 ist mir dann das Schlagwort Frauenemanzipation als Lustspieltitel begegnet.

Und 1847 konstatieren die Grenzboten, 2. Sem. 3, 189 von den Frauen: „Wie die Sachen stehen, ist die Emanzipation derselben ein wahres Schimpfwort geworden. Ein Wesen, das sich die Haare kurz schneidet, das Zigarren raucht, Männerkleider anlegt und sonst nachlässig, geschmacklos und verstört in ihrem Äußeren anzusehen ist — das nennt man eine „emanzipierte Frau“.“ Vgl. auch Brunner, Prinzenschule (1848) 2, 6, wo außer „Frauenrechte“ und „Frauenfreiheit“ auch „Frauenemanzipation“ angeführt wird, mit dem Bemerken: „Es ist gar zu schmeichelhaft dies mysteriöse Wort: Frauenemanzipation — man sagt so vieles darüber und erweitert die Grenzen dieser Freiheit in jeder neueren sozialen Theorie, in der davon geredet wird — und im Kommunismus wird diese Freiheit natürlich als eine grenzenlose geschildert.“

Trotz aller Opposition hat aber die Losung mit den Jahren nur immer größere Bedeutung erlangt und gehört noch heute zu den beliebtesten Tagesstichworten. Von späteren Zeugnissen für und wider sei nur das hübsche Gedicht Heyses, Ges. Werke 1, 82 ff. (1865), betitelt: Frauenemanzipation, genannt.

Vgl. auch den Artikel „Rehabilitation der Materie“, ferner ZfdW. 3, 173 und den besonderen Artikel über „Judenemanzipation“.