Zum Hauptinhalt springen

Urteile psychologisch

Man hat nun von alters her diese spielerische Einteilung der Urteile nach Qualität und Modalität mit einer andern, scheinbar nützlicheren verbunden (der in allgemeine und partikulare Urteile), und die Kombination beider Einteilungen liegt dem Virtuosenstück der Logik zugrunde, der Lehre von den Schlußfolgerungen. Bevor wir diese vernünftigere Einteilung der Urteile, die nach ihrer Quantität, auf ihren Wert prüfen, wollen wir uns darauf besinnen, was uns ein Satz oder ein Urteil ist, wie ein Satz oder ein Urteil psychologisch entsteht.

Die Schullogik, welche ein Fortschreiten vom Begriff zum Urteil, zum Schluß, zum Beweis, zur Wissenschaft und am Ende gar zur Welterklärung behauptet, muß natürlich lehren, der Satz oder das Urteil gehe über den Begriff hinaus, denn er oder es verbinde zwei Begriffe, noch dazu mit dem Bewußtsein von der Eichtigkeit dieser Verbindung. Wir wissen jetzt, dass die Entscheidung über die Richtigkeit die Logik nichts angehe, und vermuten schon, dass die Verbindung der Begriffe rein sprachlich sei, unwirklich, dass die Logik sich zwischen dieses gespannte Verhältnis ganz rechtlos und fruchtlos einmische. Leider entstehen Sätze aber nur in der Schule durch äußerliche Verbindung von Worten oder Begriffen. In Wahrheit, psychologisch, in unserem Gehirn entstehen Sätze so, dass sie geringer sind als die Begriffe. Nicht die Begriffe sind es, die sich zu Sätzen zusammenfügen, sondern Sätze sind es, in denen wir die Begriffe zu fassen suchen, in denen wir den reichen Inhalt der Begriffe zerkleinern, in bequemes Kleingeld umsetzen.

Die Definition umfaßt noch den ganzen Begriff. In der Definition besinnen wir uns noch auf den ganzen Inhalt. Richten wir aber unsere Aufmerksamkeit nur auf ein einziges Merkmal des Begriffs, nur auf einen einzigen von den Sinneseindrücken, die wir uns durch das Wort gemerkt haben, wiederholen wir nur eine einzige Teilerinnerung, eine wichtige oder unwichtige, so haben wir etwas gesagt, so haben wir einen Satz, und wenn wir gelehrt tun wollen, so haben wir ein Urteil.