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III

Mensch und Nebenmensch

Der Übermensch ist ein verfrühtes Ideal, das den Menschen voraussetzt.

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Das Gefühl, das man bei der Freude des andern hat, ist in jedem Fall selbstsüchtig. Hat man ihm die Freude selbst bereitet, so nimmt man die Hälfte der Freude für sich in Anspruch. Die Freude aber, die ihm ein anderer vor unseren Augen bereitet, fühlen wir ganz mit: die Hälfte ist Neid, die Hälfte Eifersucht.

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Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Denn: Jeder ist sich selbst der Nächste.

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Wer andern keine Grube gräbt, fällt selbst hinein.

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Kein Zweifel, der Hund ist treu. Aber sollen wir uns deshalb ein Beispiel an ihm nehmen? Er ist doch dem Menschen treu und nicht dem Hund.

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Unter Dankbarkeit versteht man gemeinhin die Bereitwilligkeit, lebenslänglich Salbe aufzuschmieren, weil man einmal Läuse gehabt hat.

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Ich begeistere mich für den Ehrenpunkt, seitdem ich die Beobachtung gemacht habe, daß man einer unerledigten Affäre die Befreiung von lästiger Gesellschaft verdankt.

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Es gehört zum guten Ton, über eine schlechte Tat nicht zu sprechen. Wenn ein Lump dir die Absicht anvertraut, deinen Freund zu verraten, so ist Diskretion Ehrensache.

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Nichts ist dem Kommis teurer als sein Ehrenwort. Aber bei Abnahme einer größeren Partie wird Rabatt gewährt.

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Eine gute volkstümliche Redensart spricht davon, daß einer »sich einen Kren gibt«. Die Würde macht den Menschen schmackhaft, wie der Kren den Schinken.

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Die Ehre ist der Wurmfortsatz im seelischen Organismus. Ihre Funktion ist unbekannt, aber sie kann Entzündungen bewirken. Man soll sie getrost den Leuten abschneiden, die dazu inklinieren, sich beleidigt zu fühlen.

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Auch die Dummheit hat Ehre im Leib, und sie wehrt sich sogar heftiger gegen den Spott, als die Gemeinheit gegen den Tadel. Denn diese weiß, daß die Kritik recht hat; jene aber glaubt’s nicht.

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Wie souverän doch ein Dummkopf die Zeit behandelt! Er vertreibt sie sich oder schlägt sie tot. Und sie läßt sich das gefallen. Denn man hat noch nie gehört, daß die Zeit einen Dummkopf vertrieben oder totgeschlagen hat.

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Gesellschaft: Es war Alles da, was da sein muß und was sonst nicht wüßte, wozu das Dasein ist, wenn es nicht eben dazu wäre, daß man da ist.

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Man beobachte einmal, wie die anständigen Herren eine Frau grüßen, von der »man spricht«. In dem Gruß ist der abweisende Stolz der Gesellschaftsstütze mit der einverständlichen Kennerschaft des Markthelfers vereinigt. Für beides möchte man ihnen an die Gurgel fahren.

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Ich hörte einen angeheiterten deutschen Mann einem Mädchen, das in eine Seitengasse einbog, die humoristisch deklamierten Worte nachrufen: »Da geht sie hin, die Schanddirne!« Es ist nicht anzunehmen, daß je ein Gesetz zustandekommt, welches erlaubt, deutsche Männer niederzuschießen, die mit einem einzigen Wort den vollständigen Beweis ihrer Unnützlichkeit auf Erden erbracht haben.

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Fluch dem Gesetz! Die meisten meiner Mitmenschen sind traurige Folgen einer unterlassenen Fruchtabtreibung.

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Nichts ist engherziger als Chauvinismus oder Rassenhaß. Mir sind alle Menschen gleich, überall gibt’s Schafsköpfe und für alle habe ich die gleiche Verachtung. Nur keine kleinlichen Vorurteile!

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Am Chauvinismus ist nicht so sehr die Abneigung gegen die fremden Nationen als die Liebe zur eigenen unsympathisch.

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Religion, Moral und Patriotismus sind Gefühle, die sich erst dann bekunden, wenn sie verletzt werden. Der Sprachgebrauch, welcher sagt, daß einer, der leicht zu beleidigen ist, »gern« beleidigt ist, hat recht. Jene Gefühle lieben nichts so sehr wie ihre Kränkung, und sie leben ordentlich auf in der Beschwerde über den Gottlosen, den Sittenlosen, den Vaterlandslosen. Den Hut vor der Monstranz zu ziehen, ist bei weitem keine so große Genugtuung wie ihn jenen vom Kopf zu schlagen, die andersgläubig oder kurzsichtig sind.

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Die Behörden werden gegen das Publikum erst dann höflich sein, wenn das Publikum sich entschließt, in die Redaktionen der Tagespresse einzutreten. Die Redakteure aber werden erst dann gegen das Publikum aufrichtig sein, wenn es zum Eintritt in die Bureaukratie entschlossen ist.

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Der Scharfsinn der Polizei ist die Gabe, alle Menschen eines Diebstahls für fähig zu halten, und das Glück, daß sich die Unschuld mancher nicht erweisen läßt.

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Ein Polizist nimmt es meistens übel, wenn man ihn in eine Amtshandlung einmengt.

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Alles Leben in Staat und Gesellschaft beruht auf der stillschweigenden Voraussetzung, daß der Mensch nicht denkt. Ein Kopf, der nicht in jeder Lage einen aufnahmsfähigen Hohlraum darstellt, hat es gar schwer in der Welt.

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Die Nichtanerkennung eines Gedankenlebens ist in jedem Falle soziale Bedingung. Der Mensch ist zufrieden, daß man seine Haut respektiert und hinter ihr die sogenannte Ehre und die sogenannte Sittlichkeit. Auge und Ohr dürfen nicht verletzt werden, wohl aber die Ansprüche, die sie stellen. Die Nase muß Gerüche aufnehmen, die sie verschmäht, und wenn der Geschmacksinn sich auf eine Speise eingerichtet hat, so kommt nach zehn Minuten der Kellner und bedauert, nicht mehr dienen zu können. Jeder Tölpel darf dich anglotzen, die Störung durch jeden Tropf mußt du dulden, wenn er gefragt hat, ob er nicht stört, und wenn du gerade zum Schreibtisch eilst, um es niederzuschreiben, daß du in der Gemeinschaft von Menschen lebst, die sich für Ethiker halten, weil sie dir nicht auf offener Straße die Börse aus der Tasche ziehen, so kreuzt dir gewiß einer mit der Bitte um Feuer den Weg. Daß die Zivilisation auf das Entgegenkommen in diesem Punkte stolz ist, daß kein Rauchender die unerwünschte Anrede mit einem schroffen Nein zu beantworten wagt, — nichts vermöchte die Geistlosigkeit der Konvention, die wir untereinander getroffen haben, besser zu entblößen. Prometheus holte sich das Feuer vom Himmel. Aber selbst ihn ließ Jupiter dafür an einen Felsen des Kaukasus anschmieden, wo ihm ein Geier die Leber aushackte.

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Wenn die Aufforderung eines Kutschers, mit ihm zu fahren, nur auf den Wunsch in uns stieße, mit ihm nicht zu fahren, wäre das Leben leicht. Aber sie stößt manchmal auf bessere Gedanken und zerstört sie. Wer denkt denn auch immer nur daran, nicht zu fahren?

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Wenn mich einer ansprechen will, hoffe ich noch bis zum letzten Augenblick, daß die Furcht, kompromittiert zu werden, ihn davon abhalten wird. Sie sind aber unerschrocken.

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Ich sehe durch ein Fenster, und der Horizont ist mir durch ein Laffengesicht verlegt. Das ist tragisch. Ich habe nichts dagegen, daß es abscheuliche Gesichter gibt. Aber warum hat es die Optik so eingerichtet, daß ein Mensch einen Wald verdecken kann? Man kann wohl den Menschen wieder durch einen vorgehaltenen Stock verdecken. Aber auf alle Fälle kommt man beim optischen Betrug zu kurz. So dienen die Lichtstrahlen der Vermehrung des Menschenhasses.

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Bei gleicher Geistlosigkeit kommt es auf den Unterschied der Körperfülle an. Ein Dummkopf sollte nicht zu viel Raum einnehmen.

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»Ich war gestern in Melk — das war a Wetter«, sagt einer plötzlich auf der Eisenbahn zu mir. »Der Eder soll g’storben sein, der kaiserliche Rat«, sagt einer am Nebentisch plötzlich zu mir. »Großer Mann geworden!« sagt einer in ganz anderem Tonfall plötzlich auf der Elektrischen zu mir und zeigt nach einem, der soeben ausgestiegen und auf dessen Bekanntschaft er offenbar stolz ist. Ich erfahre also, ohne daß ich es verlangt habe, was im Innern meiner Zeitgenossen vor sich geht. Daß ich ihre äußere Häßlichkeit schaue, genügt ihnen nicht. In den fünf Minuten, die wir die Lebensstrecke miteinander gehen, soll ich auch darüber unterrichtet werden, was sie bewegt, beglückt, enttäuscht ... Das, und nur das ist der Inhalt unserer Kultur: die Rapidität, mit der uns die Dummheit in ihren Wirbel zieht. Auch wir sind gerade von irgend etwas bewegt, beglückt, enttäuscht: aber hastdunichtgesehn sind wir in Melk, an der Bahre des Eder, bei der Karriere des großen Mannes. Nie würde unsereinem eine ähnliche Wirkung auf den Nebenmenschen gelingen. Ich bleibe stehen, weil die Sonne blutrot untergeht wie noch nie, und einer bittet mich um Feuer. Ich verfolge einen Gedanken, der soeben um die Straßenecke gebogen ist, und hinter mir ruft’s: »Fia-ker!« Solange ein Heurigenwirt und ein Schuster Plakate bleiben, wäre das Leben erträglich. In Gottesnamen, prägen wir uns ihre Gesichter ein. Aber plötzlich stehen sie leibhaftig vor uns, legen die Hand auf unsere Schulter, und wir brechen zusammen wie Don Juan, wenn die Statue lebendig wird.

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Der Mensch denkt, aber der Nebenmensch lenkt. Er denkt nicht einmal so viel, daß er sich denken könnte, daß ein anderer denken könnte.

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Der Geist enttäuscht im persönlichen Verkehr, aber die Dummheit ist immer produktiv. Läßt man sie auf den Geist einwirken, so kann sie eine vollständige Ermüdung erzeugen, während dieser auf die Dummheit keinerlei belebenden Einfluß hat. Wie man im Gespräch mit einem Schwachkopf körperlich verfällt, wie die Gesichtsfarbe fahl und die Haut schlaff wird, das sollte ein medizinisches Problem sein. Man hat vielleicht um ein Pfund abgenommen, und das ist, wie jede forcierte Abmagerungskur, bedenklich.

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Nicht auf alle Grüße muß man antworten. Vor allem nicht auf solche, die bloß eine Bitte um Gunst ausdrücken. Der Gruß an einen Kritiker ist der Gruß der Furcht, er ist nicht höher zu werten als der Fiakergruß, der ein Gruß der Hoffnung ist: die Grüßenden wünschen sich selbst einen guten Tag. Man soll die Gesinnung, die eine Freundlichkeit zu gewinnsüchtigen Zwecken mißbraucht, nicht auch noch mit einer körperlichen Unbequemlichkeit belohnen.

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Viele haben den Wunsch, mich zu erschlagen. Viele den Wunsch, mit mir ein Plauderstündchen zu verbringen. Gegen jene schützt mich das Gesetz.

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Eine merkwürdige Art Mensch ist der Beamte eines magistratischen Bezirksamtes. Erledige ich eine Angelegenheit schriftlich, so lädt er mich vor. Gehe ich das andere Mal gleich selbst hin, so fordert er mich auf, eine Eingabe zu machen. Ich muß rein auf die Vermutung kommen, daß er das eine Mal mich kennen lernen und das andere Mal ein Autogramm von mir haben wollte.

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Gut und Blut fürs Vaterland! Aber die Nerven?

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Ich schlafe nie nachmittags. Außer, wenn ich vormittags in einem österreichischen Amt zu tun hatte.

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Gerne käme ich um die Konzession zum Handbetrieb einer Guillotine ein. Aber die Erwerbsteuer!

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Sorrent, im August: Ich habe nun seit zwei Wochen kein deutsches Wort gehört und kein italienisches verstanden. So läßt sich’s mit den Menschen leben, alles geht wie am Schnürchen und jedes aufreibende Mißverständnis ist ausgeschlossen.

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Es gibt keinen Ort, der eine größere Öffentlichkeit bedeutet, als ein Lift, in dem man angesprochen wird.

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Im Theater muß man so sitzen, daß man das Publikum als eine schwarze Masse sieht. Dann kann es einem so wenig anhaben wie dem Schauspieler. Nichts ist störender als die Individualitäten der Menge unterscheiden zu können.

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Wer die Menschenverachtung an der Quelle studieren will, setze sich in ein Restaurant, das in der Nähe eines Theaters ist, und betrachte die Gesichter der einströmenden Scharen. Wie die Spannung, die noch auf den Zügen der Dummheit liegt, allmählich nachläßt und die Flucht vor dem Geiste ein neues Ziel findet. Sie schmatzen schon: das ist der Beifall zum Essen. Und jeder ist einzeln befangen und nur im Chorus glücklich.

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Wo beginnt denn eigentlich die Unappetitlichkeit und wo hört sie auf? Warum gibt es keine Eßklosetts? öffentlich essen und heimlich verdauen, das paßt so den Herrschaften! Und doch geht nichts über die Schamlosigkeit einer Table d’hôte.

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Friseurgespräche sind der unwiderlegliche Beweis dafür, daß die Köpfe der Haare wegen da sind.

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Wenn ich mir die Haare schneiden lasse, so bin ich besorgt, daß der Friseur mir einen Gedanken durchschneide.

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Wenn man vom Raseur geschnitten wird, ist man immer selbst schuld. Ich zum Beispiel zucke zusammen, wenn der Raseur von Politik spricht, und die andern werden nervös, wenn er nicht von Politik spricht. In keinem Falle trifft den Raseur die Schuld, wenn man geschnitten wird.

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Die ästhetischen Werte des Menschen scheinen bloß die Bestimmung zu haben, uns für eine Lumperei zu kaptivieren. Mich machen sie auf die Gefahr aufmerksam. Und ich würde mich gern von einem Wiener Kutscher überhalten lassen, wenn er’s eben nicht mit diesem echten Gemütston täte; und mir von einem italienischen Wirt die Gurgel abschneiden zu lassen, wäre mir ein Vergnügen, wenn’s eben nicht mit diesem träumerischen Augenaufschlag geschähe. Die Unbequemlichkeiten des Daseins nehme ich nur ohne ästhetische Entschädigung in Kauf, und wenn ich schon einen Verdruß habe, will ich mich nicht bei den malerischen Attitüden aufhalten.

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Das Malerische und das Musikalische sind Argumente, die mit allen Einwänden fertig werden. Und es gibt Wirkungen auf die Nerven, denen sich der oppositionellste Geist nicht entziehen kann. Wenn alle Glocken läuten, umarme ich einen Gemeinderat.

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Hysterische soll man vorsichtshalber vor einer Operation narkotisieren, die an einem andern ausgeführt wird. Und um ihnen jeden Schmerz zu ersparen, auch vor einer Operation, die an einem andern nicht ausgeführt wird.

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Narkose: Wunden ohne Schmerzen. Neurasthenie: Schmerzen ohne Wunden.

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Die stärkste Kraft reicht nicht an die Energie heran, mit der manch einer seine Schwäche verteidigt.

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Am unverständlichsten reden die Leute daher, denen die Sprache zu nichts anderm dient, als sich verständlich zu machen.

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Es gibt Menschen, die heiser werden, wenn sie ununterbrochen acht Tage lang mit keinem ein Wort gesprochen haben.

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Nichts kränkt den Pöbel mehr, als wenn man herablassend ist, ohne heraufzulassen.

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Gewiß, der Künstler ist ein anderer. Aber gerade deshalb soll er es in seinem Äußern mit den anderen halten. Er kann nur einsam bleiben, wenn er in der Menge verschwindet. Lenkt er die Betrachtung durch eine Besonderheit auf sich, so macht er sich gemein und führt die Verfolger auf seine Spur. Je mehr den Künstler alles dazu berechtigt, anders zu sein, um so notwendiger ist es, daß er sich der Gewandung des Durchschnitts als einer Mimikry bediene. Auffallendes Aussehen ist die Zielscheibe der Betrunkenheit. Diese, sonst verspottet, dünkt sich neben langhaariger Exzentrizität noch planvoll und erhaben. Über den Mann in der Narrenjacke lacht selbst der Betrunkene, über den der Pöbel lacht. Sich absichtlich verwahrlosen, um sich vom Durchschnitt abzuheben, schmutzige Wäsche als ein Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft tragen, über die Verkehrtheit der Gesellschaftsordnung eine ungekämmte Mähne schütteln — ein Vagantenideal, das längst von Herrschaften abgelegt ist und heute jedem Spießbürger erreichbar. Die wahre Boheme macht den Philistern nicht mehr das Zugeständnis, sie zu ärgern, und die wahren Zigeuner leben nach einer Uhr, die nicht einmal gestohlen sein muß. Armut ist noch immer keine Schande, aber Schmutz ist keine Ehre mehr. »Mutter Landstraße« verleugnet ihre Söhne; denn auch sie ist heute schon gepflegter.

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Die verkommenste Existenz ist die eines Menschen, der nicht die Berechtigung hat, ein Schandfleck seiner Familie und ein Auswurf der Gesellschaft zu sein.

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Familiengefühle zieht man nur bei besonderen Gelegenheiten an.

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Das Familienleben ist ein Eingriff in das Privatleben.

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Das Wort »Familienbande« hat einen Beigeschmack von Wahrheit.

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Auch ein anständiger Mensch kann, vorausgesetzt, daß es nie herauskommt, sich heutzutage einen geachteten Namen schaffen.

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Ein ganzer Kerl ist einer, der die Lumpereien nie begehen wird, die man ihm zutraut. Ein halber, dem man die Lumpereien nie zugetraut hat, die er begeht.

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Es gibt Menschen, denen es gelingt, die Vorteile der Welt mit den Benefizien des Verfolgtseins zu vereinigen.

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Nichts ist trauriger als eine Niedrigkeit, die ihren Lohn nicht erzielt hat. Sie bilde sich nicht nachträglich ein, daß sie Gemeinheit l’art pour l’art sei.

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Wenn man nicht weiß, wovon einer lebt, so ist das noch der günstigere Fall. Auch die Volkswirtschaft soll der Phantasie etwas Spielraum lassen.

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Dieser Selbstmord war in einem Anfall von geistiger Klarheit begangen. Die Lebensfrohen überlegen sich’s manchmal; und in solch einem könnten so viele Leben gewesen sein, daß er das eine unbedenklich hingab. Selbstmord kann das Aderlassen einer Vollblutnatur bedeuten. Wer sich so ruhig den Mund von den Genüssen des Lebens abwischt, um ihn für immer zu schließen, hebt sich wohl von den Tafelgenossen ab. Überhaupt werde ich den Verdacht nicht los, daß einer schon ein Kerl sein muß, wenn ihn das heutige Leben zu Fall bringt. Was Feuer hat und einen leichten Zug, verbrennt. Nur Männer ohne Mark und Weiber mit Hirn sind der sozialen Ordnung gewachsen.

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Was für ein Freund der Geselligkeit war doch der bayrische König, der allein im Theater saß! Ich würde auch selbst spielen.

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Die Einsamkeit wäre ein idealer Zustand, wenn man sich die Menschen aussuchen könnte, die man meidet.

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Die Welt ist ein Gefängnis, in dem Einzelhaft vorzuziehen ist.

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Wenn ich sicher wüßte, daß ich mit gewissen Leuten die Unsterblichkeit zu teilen haben werde, so möchte ich eine separierte Vergessenheit vorziehen.