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Endzweck

Endzweck. „Wesentliche“ Zwecke sind noch nicht die „höchsten“ Zwecke, deren, „bei vollkommener systematischer Einheit der Vernunft“, nur ein einziger sein kann. Die wesentlichen Zwecke sind entweder der „Endzweck“ oder „subalterne“ Zwecke, die zu jenem als Mittel notwendig gehören. Der Endzweck ist „die ganze Bestimmung des Menschen“, von der die Moral (Ethik) handelt, KrV tr. Meth. 3. H. (I 691—Rc 846).

Der Zweck der Existenz eines Wesens ist „Endzweck“, wenn er in ihm selbst liegt. In der Natur als solcher findet sich kein Wesen, welches auf den Vorzug, Endzweck der Schöpfung zu sein, Anspruch machen könnte. Man kann sogar a priori beweisen, „daß dasjenige, was etwa noch für die Natur letzter Zweck sein könnte, nach allen erdenklichen Bestimmungen und Eigenschaften, womit man es ausrüsten möchte, doch als Naturding niemals ein Endzweck sein könne“. Als letzten Zweck der Schöpfung auf Erden müssen wir den Menschen beurteilen, „weil er das einzige Wesen auf derselben ist, welches sich einen Begriff von Zwecken und aus einem Aggregat von zweckmäßig gebildeten Dingen durch seine Vernunft ein System der Zwecke machen kann“, KU § 82 (II 294 f.). Was im Menschen selbst durch die Natur befördert werden soll, ist entweder ein Zweck, der durch die Natur selbst befriedigt werden kann, nämlich Glückseligkeit (s. d.), oder es ist „die Tauglichkeit und Geschicklichkeit zu allerlei Zwecken, wozu die Natur (äußerlich und innerlich) von ihm gebraucht werden könne“, d. h. Kultur (s. d.). Diese ist der letzte Zweck des Menschen in der Natur, ibid. (II 300). Endzweck ist „derjenige Zweck, der keines anderen als Bedingung seiner Möglichkeit bedarf“. Nehmen wir die Zweckverbindung in der Welt für real und für sie eine absichtlich wirkende Ursache an, so müssen wir nach dem objektiven Grunde fragen, der diese Ursache, diesen „produktiven Verstand“ zu einer solchen Wirkung bestimmt haben könne, und dieser Grund ist der Endzweck, der unbedingt, d. h. „in der Ordnung der Zwecke von keiner anderweitigen Bedingung als bloß seiner Idee abhängig“ ist. „Nun haben wir nur eine einzige Art Wesen in der Welt, dessen Kausalität teleologisch, d. i. auf Zwecke gerichtet und doch zugleich so beschaffen ist, daß das Gesetz, nach welchem sie sich Zwecke zu bestimmen haben, von ihnen selbst als unbedingt und von Naturbedingungen unabhängig, an sich aber als notwendig vorgestellt wird. Das Wesen dieser Art ist der Mensch, aber als Noumenon betrachtet; das einzige Naturwesen, an welchem wir doch ein übersinnliches Vermögen (die Freiheit) und sogar das Gesetz der Kausalität sammt dem Objekte derselben, welches es sich als höchsten Zweck vorsetzen kann (das höchste Gut in der Welt), von seiten seiner eigenen Beschaffenheit erkennen können.“ „Von dem Menschen nun (und so jedem vernünftigen Wesen in der Welt) als einem moralischen Wesen kann nicht weiter gefragt werden: wozu (quem in finem) er existiere. Sein Dasein hat den höchsten Zweck selbst in sich, dem, soviel er vermag, er die ganze Natur unterwerfen kann, wenigstens welchem zuwider er sich keinem Einflüsse der Natur unterworfen halten darf. — Wenn nun Dinge der Welt, als ihrer Existenz nach abhängige Wesen, einer nach Zwecken handelnden obersten Ursache bedürfen, so ist der Mensch der Schöpfung Endzweck; denn ohne diesen wäre die Stelle der einander untergeordneten Zwecke nicht vollständig gegründet, und nur im Menschen, aber auch in diesem nur als Subjekte der Moralität, ist die unbedingte Gesetzgebung in Ansehung der Zwecke anzutreffen, welche ihn also allein fähig macht, ein Endzweck zu sein, dem die ganze Natur teleologisch untergeordnet ist“, ibid. § 84 (II 303 ff.). Glückseligkeit (s. d.) ist nicht einmal ein Zweck der Natur, mögen Menschen sie auch zu ihrem letzten subjektiven Zwecke machen. „Moralität und eine ihr untergeordnete Kausalität nach Zwecken“ ist durch Naturursachen unmöglich; das Prinzip ihrer Bestimmung zum Handeln ist übersinnlich und ihr Subjekt dadurch zum Endzweck der Schöpfung qualifiziert, ibid. 2. Anm. (II 305). Ohne den Menschen würde die ganze Schöpfung „eine bloße Wüste, umsonst und ohne Endzweck“ sein. Was ihn zu einem solchen macht, ihm einen „absoluten Wert“ gibt, besteht in seinem guten Willen, in seiner sittlichen Gesinnung, ibid. § 86 (II 312 f.). Endzweck kann nur „der Mensch (ein jedes vernünftige Weltwesen) unter moralischen Gesetzen sein“. „Die moralischen Gesetze ... sind von der eigentümlichen Beschaffenheit, daß sie etwas als Zweck ohne Bedingung, mithin gerade so, wie der Begriff eines Endzwecks es bedarf, für die Vernunft vorschreiben.“ Die „Existenz einer solchen Vernunft, die in der Zweckbeziehung ihr selbst das oberste Gesetz sein kann“, kann allein als Endzweck vom Dasein einer Welt gedacht werden, § 87 (II 320 f.). Die praktische Vernunft gibt diesen Endzweck an und bestimmt diesen Begriff näher. Wir haben einen moralischen Grund, uns an einer Welt einen Endzweck der Schöpfung zu denken, ibid. § 88 (II 325 ff.). Vgl. Ethikotheologie, höchstes Gut. „Obzwar nun ... die physisch-theologischen Lehren (von Naturzwecken) niemals dogmatisch sein, noch weniger den Begriff von einem Endzweck, d. i. dem Unbedingten in der Reihe der Zwecke an die Hand geben können: so bleibt doch der Begriff der Freiheit, sowie er als sinnlich unbedingte Kausalität selbst in der Kosmologie vorkommt, zwar skeptisch angefochten, aber doch unwiderlegt, und mit ihm auch der Begriff von einem Endzweck, ja dieser gilt in moralisch-praktischer Rücksicht als unumgänglich, ob ihm gleich seine objektive Realität, wie überhaupt alle Zweckmäßigkeit gegebener oder gedachter Gegenstände, nicht theoretisch-dogmatisch gesichert werden kann.“ „Dieser Endzweck der reinen praktischen Vernunft ist das höchste Gut, sofern er in der Welt möglich ist, welches aber nicht bloß in dem, was Natur verschaffen kann, nämlich der Glückseligkeit (die größeste Summe der Lust), sondern was das höchste Erfordernis, nämlich die Bedingung ist, unter der allein die Vernunft sie den vernünftigen Weltwesen zuerkennen kann, nämlich zugleich im sittlich-gesetzmäßigsten Verhalten derselben zu suchen ist.“ „Dieser Gegenstand der Vernunft ist übersinnlich; zu ihm als Endzweck fortzuschreiten, ist Pflicht“, Fortschr. d. Metaph. 2. Abt. 3. Stadium (V 3, 124). Vgl. Ethikotheologie, Bestimmung, Persönlichkeit, Menschheit, Wert.