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Sprachkategorien

Die Sprachwissenschaft gerät also auf ihren Wegen zu folgendem sinnlosen Kreislauf des Denkens. Die Logik habe zehn Kategorien oder Redeteile anzunehmen, weil sie sich in den Sprachen nachweisen ließen. 1. Substantiv, 2. Adjektiv, 3. Verbum, 4. Adverb, 5. Präposition, 6. Pronomen, 7. Zahlwort (der Artikel soll entweder Pronomen oder Zahlwort sein, ist aber im Deutschen z. B. gewöhnlich keines von beiden), 8. Negation, 9. Partikel, 10. Konjunktion. Die Logik verlange es der Sprache wegen. Aber nur selten komme eine Sprache diesem Ideale nach. Gerade unsere indogermanischen Sprachen hatten ursprünglich keine Präpositionen; und selbst richtige Adjektive sind nicht immer nachweisbar. Im Chinesischen ist nicht einmal das Verbum vom Substantiv sicher geschieden; das Wort "der Rücken" kann auch "den Rücken kehren" oder "auf dem Rücken tragen" bedeuten. Und ich mache für diesen ganzen Abschnitt ein für allemal darauf aufmerksam, dass dieses "Bedeuten" einen falschen Begriff hineinträgt. Erst in der Übersetzung gehen die Bedeutungen auseinander. Es ist aber dieselbe Impertinenz, mit welcher der Yankee auf den eingewanderten Chinesen herabblickt, weil der Chinese anders geschlitzte Augen hat oder einen Zopf trägt oder kein Christ ist oder an seiner Kleidertracht festhält oder eine andere sexuelle Scham besitzt oder weil er bedürfnislos ist — es ist dieselbe Impertinenz, wenn wir die chinesische Sprache verachten um solcher Besonderheiten willen. Vielleicht ist die Kategorie des Verbums nur dadurch entstanden, dass wir Wirkungen und Zustände der Dinge mythologisch mit unserem vermeintlichen Willen, mit unseren Stimmungen gleichgesetzt und dafür (wie für andere Gottheiten) besondere Namen erfunden haben; vielleicht steht das Chinesische ohne Verbum der Wirklichkeitswelt näher.