Die Seele


Sodann hatte ich die vernünftige Seele beschrieben und gezeigt, dass sie unmöglich wie die anderen Wesen, von denen ich geredet, aus dem Vermögen der Materie herrühren könne, sondern dass sie ausdrücklich geschaffen sein müsse, und wie es nicht genug sei, dass sie im menschlichen Körper wohne, wie der Steuermann im Schiff, etwa nur um dessen Glieder zu bewegen, sondern dass sie enger mit ihm verbunden und vereinigt sein müsse, um auch den unsrigen ähnliche Empfindungen und Triebe zu haben und auf diese Weise einen wirklichen Menschen zu bilden. Übrigens habe ich mich hier über das Thema der Seele ein wenig verbreitet, weil es zu den wichtigsten gehört. Denn nach dem Irrtum der Gottesleugnung, den ich oben hinlänglich widerlegt zu haben meine, gibt es keinen, der schwache Gemüter mehr vom rechten Wege der Tugend entfernt, als wenn sie sich einbilden, die Seele der Tiere sei mit der unsrigen wesensgleich, und wir hätten daher nach diesem Leben nichts zu fürchten noch zu hoffen, nicht mehr als die Fliegen und die Ameisen. Weiß man dagegen, wie sehr beide sich unterscheiden, so begreift man die Beweisgründe weit besser, wonach unsere Seele ihrem geistigen Wesen nach vollkommen unabhängig vom Körper und also der Notwendigkeit nicht unterworfen ist, mit ihm zu sterben; und da man auch sonst keine Ursachen sieht, welche ihre Zerstörung bewirken, so kommt man zu dem Urteil, dass die Seele unsterblich sei.


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Seite zuletzt aktualisiert: 20.12.2006 
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