Zweifel, Cogito ergo sum
Zu seinem Rationalismus kommt Descartes durch Überwindung des methodischen Zweifels (»doute méthodique«), der in der vorläufigen, durch Sinnestäuschungen, die Erscheinungen des Traumlebens und sonstige Irrtümer veranlaßten Annahme besteht, alles, was wir bisher als wahr und wirklich ansahen, sei möglicherweise falsch und illusorisch; vielleicht ist selbst die ganze Außenwelt nur eine Art Traum, nur eine Summe von Vorstellungen in uns. Vor der philosophischen Prüfung des Gegebenen darf man an allem zweifeln, denn alles kann Täuschung sein. Aber bald findet sich der gesuchte feste Ausgangspunkt der Erkenntnis. Denn mag auch alles falsch und unwirklich sein, etwas ist doch unbedingt sicher und wirklich, nämlich die Tatsache, daß ich zweifle und damit irgendwie denke. Logisch und durch innere Intuition (vgl. schon Augustinus, Occam, Campanella) steht die Existenz eines Denkens, eines denkenden Ichs fest, sicherer als alles Sein der Außenwelt (Primat der inneren Erfahrung). »Ich denke, also bin ich« (Cogito ergo sum) - dies ist die feste Basis aller Erkenntnis. Niemand, auch nicht Gott, kann bewirken, daß ich, der ich denke, nicht bin (»ego sum, ego existo, quoties a me profertur, vel mente concipitur, necessario esse verum«, Meditat. II). Die Existenz des denkenden Ichs wird durch eine »prima notio«, ohne Syllogismus, mit Evidenz eingesehen. Das Denken kann vom Ich nicht getrennt werden das Ich ist seinem Wesen nach ein »denkendes« Wesen (»res cogitans«) und hat damit die sicherste Wirklichkeit. »Facile supponimus nullum esse Deum, nullum coelum, nulla corpora; nosque etiam ipsos non habere manus, nec pedes, nec denique ullum corpus; non autem ideo nosqui talia cogitamus nihil esse: repugnat enim, ut putemus id, quod cogitat, eo ipso tempore, quo cogitat, non existere. Ac proinde haec cognitio: ego cogito, ergo sum, est omnium prima et certissima« (Princ. philos. I. 7).