Sondervermögen


Anlangend zunächst das Sondervermögen, so ist dasselbe, soviel ersichtlich, in der Literatur nicht speziell behandelt; die Rechte der Sozietätsgläubiger und ihr Verhältnis zu den Privatgläubigern ließen sich juristisch in die Form von Konkursprivilegien bringen, wie wir in Pisa sahen; die socii gegenüber den Privatgläubigern und die Sozietätsgläubiger gegenüber den socii werden daher zunächst nur als statutarisch privilegierte Gläubiger aufgefaßt worden sein. Franciscus de Porcellinis von Padua212 gelangt dann, in Übereinstimmung mit den Genueser Statuten213 zu dem Satz, daß auch auf die Illaten des socius ( Kommendanten) der römische Gedanke: »res succedit in locum pretii et pretium in locum rei« Anwendung finde. Die socii seien in bezug auf das Sozietätsgut als una persona anzusehen. Mit alledem ist ein Sondervermögen nicht entwickelt, sondern der Sozietätsfonds ist etwa mit der römischen dos auf eine Linie gestellt. Nach der entgegengesetzten Seite hin liegt es, wenn schon Baldus von einem corpus societatis spricht214 und unter Berufung auf ihn und andere in den Dezisionen der Rota von Genua die societas ein »corpus mysticum«215, eine juristische Person genannt wird.

Hierbei ist der Sozietätsfonds als Sondervermögen entwickelt, aber nicht als Gesellschafts-, sondern als Korporationsvermögen. Denn mag nun der Ausdruck corpus societatis schon bei Baldus das Rechtssubjekt – die Gesellschaft – oder das Rechtsobjekt – deren Vermögen – bezeichnen, – das letztere ist wahrscheinlicher216, – jedenfalls ist klar, daß der Anlaß für die juristische Personifikation der societas für die Jurisprudenz in der Beobachtung lag, daß die Konstruktion mittels Konkursprivilegien nicht ausreichte, daß man vielmehr dem Sozietätsfonds den Charakter eines Vermögens zugestehen müsse, für welches man alsdann ein Subjekt nur durch die Auffassung der societas als einer Korporation gewinnen zu können glaubte. Daraus ergab sich dann, daß 1. gesta extra societatem non obligant consortium, sed solum ipsum contrahentem217, während 2. wenn ein socius als solcher kontrahiert, »qui habet unum obligatum, habet et alterum et ipsam societatem« (das Gesellschaftsvermögen), denn: »quic-quid scribitur per socium habentem facultatem nominis expendendi, dicitur scriptum ab ipso corpore seu societate, non ab ipsis ut particularibus«218. Die Darstellung der Sozietät als einer aus mehreren » nomina « zusammengesetzten Person zeigt, daß die Personifikation der Firma das Mittel zur Konstruktion der selbständigen Existenz der Gesellschaft war. Die Auffassung der Sozietät als einer juristischen Person war, darüber waltet kein Zweifel mehr ob, historisch und dogmatisch ungerechtfertigt, allein sie hat die klare Ausscheidung des Gesellschaftsfonds als eines Sondervermögens aus dem Privatvermögen der socii in der Rechtsentwicklung ebenso zweifellos sehr erleichtert: der damaligen Jurisprudenz stand eine andere Kategorie nicht zu Gebote.


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