Gefahren der Spekulation


Der Gedanke, die Spekulation oder doch ihre Gefahren für das Publikum unterdrücken zu wollen, kann deshalb nimmermehr der Hauptgesichtspunkt sein, unter welchem man an die gesetzgeberische Behandlung des Börsenverkehrs herantritt.

Erfreulich ist es natürlich, wenn nebenher auch dem Zweck, die Außenstehenden möglichst gegen Ausbeutung zu schützen, gedient werden kann. Ein Hauptsitz der verschiedensten Schäden liegt in dieser Beziehung zweifellos in der Art des Verhaltens der Kommissionäre gegenüber ihren Kunden. Der Kommissionär ist, sahen wir, berechtigt, im Wege des »Selbsteintrittes« sich der Rechnungslegung über die Art der Ausführung des Geschäftes zu entziehen, indem er dem Kunden nur den amtlich notierten Börsenpreis berechnet. Dessen Feststellung kann aber der Kommissionär durch seine eigenen Spekulationsgeschäfte stark beeinflussen, zumal soweit es sich um Papiere handelt, die nicht in sehr großen Beträgen im Handel sind, sog. »kleine« oder »leichte« Papiere, bei denen also jedes einzelne auf dem Markt erscheinende Kaufsangebot beträchtlichen Umfanges den Preis steigert, und am allermeisten bei solchen Papieren, die der Kommissionär selbst als »Emittent« (s. o.) in den Handel gebracht hat und von denen er selbst die größten Vorräte besitzt. Hier ist das sogenannte »Kursmachen« und »Aus-dem-Engagement-Werfen« zu Hause. Das heißt – um wenigstens ein Beispiel vorzuführen – der Kommissionär veranlaßt etwa seinen Kunden, ihm auf ein solches Papier einen Kaufauftrag per ultimo zu geben. Nachdem dies geschehen und der Kunde den entsprechenden »Einschuß« (s. o.) geleistet hat, erhält er die Nachricht, daß der Kommissionär das Geschäft, »für ihn« zum Börsenkurse, der an dem betreffenden Tage notiert ist, »gemacht« habe, d.h. daß er ihm die Papiere zu diesem Preis liefern werde. Womöglich hat der Kommissionär, indem er als Kaufreflektant auf einen kleinen Betrag zu hohem Preise auf dem Markt erschien, jene Kursnotiz selbst künstlich herbeigeführt. Nunmehr bietet der Kommissionär aus seinem Vorrat kleine Partien des Papiers zu billigem Preis zum Verkauf aus. Es erscheinen infolgedessen niedrige Kursnotizen im Kursblatt und der Kommissionär verlangt nun von dem Kunden zur Deckung seines angeblichen Risikos die für diesen Fall vereinbarten »Nachschüsse«. Leistet sie der Kunde nicht oder nicht rechtzeitig – und oft ist in den Geschäftsbedingungen Zahlung innerhalb 24 Stunden ausbedungen –, so hat dies regelmäßig nach den Geschäftsbedingungen zur Folge, daß der Kommissionär berechtigt ist, den Kunden als im Verzug befindlich zu behandeln und zur »Zwangsregulierung« (s. o.) zu schreiten, worauf der Kunde die Differenz zu zahlen hat. Diese unlautern Manipulationen sind aber sehr erschwert bei Papieren großen Betrages, deren Preis schwer zu beeinflussen ist, und die Versuchung dazu besteht ferner wesentlich da, wo dieselbe Person zugleich Kommissionär – also Vertrauensmann des Kunden – und selbst Spekulant für eigene Rechnung ist. – Jeder Reformversuch würde hier einzusetzen haben. –


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Seite zuletzt aktualisiert: 27.10.2004 
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