Der Makler


Neben den berufsmäßigen Händlern, Vertretern der Bankhäuser und Kommissionären finden wir auch an den preußischen Börsen die Makler. Auch bezüglich ihrer nimmt unsere Börse eine Mittelstellung ein, hier zwischen den konzessionierten Agenten in Paris und der gänzlichen Freigabe des Maklergewerbes in Hamburg. Es kann jeder das Maklergewerbe betreiben und es existieren zahlreiche »freie« Makler, deren Geschäftsbetrieb ebensowenig wie der der Hamburger Makler einer Kontrolle unterliegt. Eine Sonderstellung nehmen aber die von den Regierungen auf Vorschlag der Börseninstanzen bestätigten »vereidigten« Makler ein. Sie haben als Vermittler keinerlei Vorrechte und sind namentlich nicht, wie die Pariser Agenten, allein zur Vermittlung berechtigt, – man kann sich nach Belieben an einen vereideten oder unvereideten Makler wenden. Eine bevorrechtete Stellung besteht – von unbedeutenden Vorrechten bei Zwangsverkäufen usw. abgesehen – nur an der Effektenbörse und nur insofern sie allein bei der Feststellung der Tageskurse für die einzelnen Papiere gefragt werden. Grundsätzlich – nicht durchweg tatsächlich – werden nur die durch sie vermittelten Geschäftsabschlüsse bei der Ermittlung und Notierung der angebotenen, verlangten und gezahlten Preise berücksichtigt*). Nun werden wir aber noch sehen, daß in vielen Fällen der ein Geschäft Schließende ein Interesse daran hat, daß dasselbe bei Feststellung des Börsenpreises berücksichtigt wird. Das ist z.B. namentlich bei den Kommissionären der Fall, deren Kunden draußen durch die Zeitung den Kommissionär kontrollieren, ob er ihnen auch den richtigen – d.h. den an der Börse ermittelten und notierten – Preisbetrag verrechnet. Solche Reflektanten sind also der Regel nach – nicht bei allen Arten von Geschäften, wie wir später sehen werden – auf die vereidigten Makler mehr oder weniger angewiesen. Im übrigen haben diese letzteren nur Pflichten vor den übrigen Maklern voraus: sie sollen vor allen Dingen keine eigenen Geschäfte machen, sich auch nicht dafür verbürgen*) – Bei uns gehört also zur Ausübung des Maklergewerbes nicht ein derartiges Vermögen, wie es der Pariser Agent besitzen muß. Es ist im Gegenteil nichts Seltenes, daß zahlungsunfähig gewordene Kaufleute zu Maklern bestellt werden, um sich in dieser Stellung wieder »emporzuarbeiten«. Ebenso muß man sich hüten zu glauben, der Stand der berufsmäßigen Börsenhändler sei bei uns im allgemeinen ein Stand reicher Leute. Man kann im Gegenteil sagen, daß die Vermögensunterschiede gerade der Börsenhändler mit die schroffsten sind, die es in einem Stande geben kann. Es ist in diesem Punkt eine äußerst »gemischte« Gesellschaft – von den Vertretern der größten Banken, die Kapitalien von 50 und mehr Millionen Mark hinter sich haben, bis zu dem kläglichsten armen Schächer, der an den kleinen Preisschwankungen, auf die er spekuliert, sich von Tag zu Tag sein Dasein fristet. Große Vermögen werden zuweilen an der Börse »verdient«, meist freilich so, daß an sich schon große Vermögen ungemessen anschwellen, unter einem Aufwand von Nervenanspannung, der die Existenz eines Spekulanten durchaus nicht so beneidenswert gestaltet, wie mancher sie träumt. Aber man darf nicht glauben, daß der Börsenhändler durchweg den Marschallstab des Reichtums im Tornister trage. – Der Stand der Börsenhändler bildet bei uns infolge dieser riesigen Unterschiede in keiner Weise eine so (verhältnismäßig) einheitliche Klasse wie die Mitglieder der großen englischen Börsenkorporationen. Das ist in mehr als einer Hinsicht ein schwerer Schaden.

 

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*) Über die Art der Kursermittlung s. den zweiten Teil.

**) Daß und warum diese Vorschrift trotz des Maklereides täglich umgangen wird, werden wir gleichfalls später sehen.


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Seite zuletzt aktualisiert: 27.10.2004 
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