Kathedralkirche
Ich komme endlich zur Kathedralkirche, deren Schätze, an Zahl und Wert der Gemälde, diesseits der Alpen mit nichts verglichen werden können. Der Kapellen und Altäre in diesem Einen Tempel ist eine ungeheuer große Anzahl, und alle sind mehr oder weniger mit Schnitzwerk, Bildhauerei und Gemälden ausgeschmückt, an denen man die Geschichte und den Fortgang der Kunst in den Niederlanden studieren kann. Hier sieht man die Werke der älteren Maler, eines Franz de Vrindt oder Floris und des in de Vrindts Tochter verliebten Grobschmiedes Quintin Matsys, den diese Liebe zum Maler schuf, des ältern und des jüngern Franck, des Martin de Vos, des Quillins, des Otto van Veene (Venius), der Rubens Lehrmeister war, und einer großen Menge anderer aus späteren Zeiten. Das Verdienst der älteren Stücke ist mehrenteils ihr Altertum; denn an Komposition, Gruppierung, Haltung, Perspektive, Licht und Schatten, Stellung, Leben, Schönheit der Formen und Umrisse, Wahl der Gegenstände u. dgl. ist nicht zu denken. Bei Martin de Vos fängt indes schon eine gute Periode an; er wußte von allem diesem etwas in seine Gemälde zu bringen, ob mir gleich seine witzige Erfindung, sich selbst als den Maler und Evangelisten Lukas vorzustellen, wie er die vor ihm sitzende Madonna mit dem Kinde malt, indes sein Ochse hinter der Staffelei wiederkäuet, eben nicht gefallen wollte. Coebergers Sebastian hat schon mehr Interesse; er wird eben erst angebunden und seine Figur ist nicht übel geraten, so fehlerhaft auch das Ganze ist.