Schätze der Niederländischen Kunst
Antwerpen
Es kostet eben keine große Mühe, in einer Stadt, die Raum für zweimal hundert tausend Menschen enthält, zwischen den übrig gebliebenen vierzig tausend Einwohnern sich hindurch zu drängen; das bloße Sehen ist es, was uns am Abend ermüdet auf unser Zimmer zurück treibt, wo ich Dir heute noch erzählen will, welche Schätze der Flammändischen Kunst in diesen Paar Tagen vor uns die Schau und Musterung haben aushalten müssen. Was wir gesehen haben, ist nur ein sehr geringer Teil der in Antwerpen noch vorhandenen Gemälde; alle Kirchen, Abteien und Klöster, deren es hier mehr als dreißig gibt, sind über und über mit den Meisterwerken Niederländischer Maler behängt; das weitläuftige Rathaus, die Säle der Bürgerkompagnien, und die Börse, enthalten manches große und von Kennern gepriesene Werk, und außerdem zählt man verschiedene erlesene Privatsammlungen von kleineren Stücken. Wenn die Menge dieser Kunstgebilde mit ihrem Wert in einem direkten Verhältnis stände, so müßten sowohl Maler als Liebhaber der Malerei nach Antwerpen wie nach Rom wallfahrten und Jahre lang sich an dem Fleiße, der Geschicklichkeit und der Erfindungskraft der Niederländischen Meister weiden; doch dass es wirklich nur zu selten geschieht, das setzt die hiesigen Schulen tiefer unter die Italienischen herab, als meine Lobsprüche sie wieder heben können.