Aufzeichnungen des Pastors Redde
1771 am 3. Januar ist hier zu Gröben der Hochwohlgeborene Herr Charles Guichard, genannt Quintus Icilius, im Kriege gewesener Chef eines Freibataillons Sr. K. Majestät in Preußen, jetzo K. Obristleutenant bei seiner Suite, mit dem Hochwohlgeborenen Fräulein Henriette Helene Albertine von Schlabrendorf, des weiland Herrn Gustav Albrecht von Schlabrendorf, königlichen Generalmajors nachgelassener Tochter getraut worden. Alter 43 und 24.
1774. Elisabeth Habedank starb an Würmern.
1774 am 17. November ist ein sechs Monate altes Kind außer der Ehe todtgeboren und danach obduciret worden. Ich bewahre das Herz desselben in Spiritus und überlaß es meinem Nachfolger, daraus die Resultate zu seiner Pflicht zu ziehen.
1775 am 13. Mai starb in Potsdam der Hochwohlgeborne Herr Charles Guichard, genannt Quintus Icilius, Sr. Königl. Majestät Wohlbestallter Oberster von der Infanterie und Adjutant bei Dero Suite, nach einem zweitägigen Krankenlager an einer Kolik und Inflamation, nachdem er mit seiner Gemahlin, der Hochwohlgeborenen Frau Henriette Helene Albertine geb. von Schlabrendorf, aus dem Hause Gröben, beinah 4 1/2 Jahr in der Ehe gelebt und mit derselben eine Tochter und einen Sohn, mit Namen Friedrich Quintus Icilius gezeuget.
Er war ein Herr, der in diesem Jahrhundert seines Gleichen nicht gehabt, noch haben wird, und ein jeder, der seine Geburt, Wissenschaften und Ehren bedenket, muß sagen: Er hat große Dinge an ihm getan, der da mächtig ist, und Deß Name heilig ist. Seine Eltern waren bürgerlichen Standes zu Magdeburg, woselbst sein Vater das Amt eines Syndicus bei der französischen Colonie bekleidete. In seiner Jugend widmete er sich der Gelehrsamkeit und studirte zu Halle Theologie, danach auch auf einigen holländischen Universitäten und predigte mehrere Male zu Marburg und Heilbronn. Zu gleicher Zeit erwarb er sich Kenntniß in den Antiquitäten und nützte diese zur Explication des Kriegswesens der Alten, sonderlich der Griechen und Römer. Wie viel er darin vermocht, bezeugen unter anderm seine Schriften über die Taktik der Alten und sein Commentar über den Julius Cäsar. Eine natürliche Folge seines Geschmacks am Militair und seiner Kenntniß desselben war es, daß er sich diesem Stande widmete. Zuerst trat er in holländische Dienste. Bei Beginn des letzten Krieges aber ward er von Sr. Majestät in Preußen, so seine Bücher über Taktik gelesen, ins Lager und zur Armee berufen. Hier war er, soweit es der Krieg gestattete, beständig um und an der Seite des Königs, der an ihm einen Mann zu seinem Umgang und Vergnügen fand, einen Mann, den er als Soldaten und Philosophen und zugleich auch in politicis jederzeit gebrauchen konnte. Kurz, er war der Favorit unseres großen Monarchen, und kein Tag verging, an dem er nicht um ihn gewesen wäre. So weit man Friedrichs Namen kannte, so weit kannte man auch den des Quintus Icilius, mit welchem Namen ihn der König selbst beehrt hatte.47
Wer Alexander ehrte, der sah auch freundlich auf Hephästion, und als Quintus Icilius seinen Commentar zum Julius Caesar an Kaiser Joseph überreicht hatte, ward ihm ein Gegengeschenk: ein rothes Etui mit zweiundzwanzig goldnen Medaillen, auf deren jeder das Bildniß eines Mitgliedes der kaiserlichen Familie befindlich war. Alles in einem Gesamtwert von mehr als 1000 Thaler.
Sein Körper ward auf Befehl des Königs, der den Sitz der Krankheit und die Todesursache erfahren wollte, geöffnet und danach erst hierher nach Gröben gebracht, allwo der Sarg unter dem Kirchenstuhle, daran die Predigersfrau ihren Sitz hat, beigesetzt wurde.
Charles Guichard war am 27. September 1724 geboren und achtzehn Jahre lang in Königs Diensten gewesen. Sein Alter hat er folglich gebracht auf fünfzig und ein halbes Jahr. Sein moralischer Charakter war gutthätig und freundlich gegen seine Nächsten, ohne Hochmuth und Geiz, übrigens aber von deistischem Glauben.
1778 am 14. April starb zu Berlin Joachim Ernst von Schlabrendorf auf Siethen Lehns- und Gerichtsherr. Nachdem derselbe sein Gut über den doppelten Werth hinaus verschuldet und selbiges endlich seinen Creditoribus zur Administration und Sequestration überlassen, auch seine Mobilien an die Meistbietenden öffentlich verkauft hatte, hatte sich derselbe vor etwa anderthalb Jahren mit Frau und Tochter nach Berlin begeben. Und eben daselbst ist er denn auch, der sich von jeher bis an sein Ende mit nichts als Intriguen und Listen zu seinem großen Schaden beschäftigt hatte, 63 Jahre alt an der Lungenentzündung gestorben. Er war auf dem ehemalig Schlabrendorfschen Gute Blankensee geboren, klein von Statur und hageren Leibes, und hat in seiner Jugend einige Zeit auf Schulen und Universitäten zugebracht. Alles was er von daher profitiret, wandte er an, um anderen Übles zu tun, aber freilich immer zu seinem eigenen Verderben. Vor den Augen und insonderheit vor Leuten, die seine Schliche noch nicht kannten, erschien er als ein Biedermann in Worten und Mienen, und war kein christlicher und ehrlicher und treuherzigerer Mann als er in der ganzen Welt zu finden. Er zeigte sich dann immer ohne Stolz des Adels, dienstfertig gegen alle Menschen, frei, munter und offenherzig, und insonderheit milde gegen alle Bedürftigen. Aber dies alles nur um zu blenden und Vertrauensselige zu finden, deren Vertrauen ihm dann eine gute Gelegenheit bot, das Vermögen von Kirchen, von Wittwen und armen Leuten an sich zu reißen. Alle diejenigen jedoch, die sich nicht blenden und zu seinem Dienste nicht wollten gebrauchen lassen, die wußt' er mit allen Mitteln zu verfolgen und ihnen zu schaden überall. Und so konnt' es denn freilich nicht ausbleiben, daß ihm der Haß aller rechtschaffenen Leute zutheil wurde, wozu sich alsbald der Niedergang in seiner Wirthschaft und Haushaltung und zuletzt der vollkommenste Bankrutt gesellte, so daß er Siethen unter den kümmerlichsten Umständen aufgeben mußte. Zurück läßt er eine seit Jahren kranke Frau, sammt einer Tochter, so ihrem Vater ähnlich ist. Vor einigen Jahren zeugete er mit einigen Mägden in seinem Hause noch einige Kinder, und ergab sich endlich dem Trunke zur Stärkung und Erfrischung seines Leibes und Gemüths-Charakters.48
1779 am 23. Januar starb in Siethen, wohin sie zurückgekehrt war, Frau Sophie Margaretha, verwittwete von Schlabrendorf, des Vorgenannten Ehefrau, 56 Jahre alt, an einer vieljährigen Schwindsucht und in der armseligsten Verfassung. Sie war eine Tochter des Herrn Christian Julius von Bülow aus dem Hause Lüchfeld in der Grafschaft Ruppin.
Nachschrift. Einige Jahre nach ihr starb auch, und zwar ebenfalls zu Siethen, der letzteren Bruder, Karl Christoph Friedrich von Bülow aus dem Hause Lüchfeld. Er war in früheren Jahren, als bei seinem Schwager und seiner Schwester noch Wohlleben war, ein Nimrod, ein gewaltiger Jäger vor dem Herrn gewesen. Und es beweiset solches noch der Siethensche Thurmknopf, den er mit der Kugelbüchse vielmals durchschossen hat und an dem die Löcher noch sichtbar sind. Er war geboren den 23. Nov. 1711, besaß einen dauerhaften Körper, wurde vor einigen Jahren blind, und wohnte zuletzt arm und elend in einem Tagelöhnerhause. Starb an Entkräftung.
1783 am 1. Mai starb zu Potsdam die Hochwohlgeborene Frau und Wittwe Henriette Helene Albertine von Schlabrendorf aus dem Hause Gröben, verwittwete Quintus Icilius an einem Friesel und zwölftägigem Lager, und ward am 3. selbigen Monats in der Gruft ihres seligen Gemahls, unter dem Kirchenstuhl der Predigersfrau früh um 4 Uhr beigesetzt. Aetate 36 Jahr.
1784 am 21. Januar starb in Siethen die Wittwe Maria Katharina Schumann geb. Ebel aus Blankensee, geboren den 10. Januar 1681. Brachte dergestalt ihr Leben auf 103 Jahr.
1785 am 11. Dezember starb die verwittwete Maria Elisabeth Siegel. Sie war vordem das Sünden- Instrument des verstorbenen von Schlabrendorf zu Siethen, der im Alter noch Christum verwarf. Starb elend.
1786 ist wieder der Gröbner See mit seinem Eis nicht sicher gewesen; aber der Siethner ist über und über unsicher, weil er voll warmer Quellen ist. Seit meinem neunzehnjährigen Hiersein sind nunmehr zehn Personen im Wasser verunglückt.
1786 am 28. April wurde des Hirten Frau zu Siethen, Maria Dorothea Ebel, glücklich entbunden. Die Mutter der Frau rief aber: »Was hast du für ein Kind zur Welt gebracht!« Auf welchen Zuruf die junge Mutter sofort vom Schlage gerührt wurde. Das Kind selbst war gesund und wohlgebildet.