Wein


[B 73] Ich beneide sehr wenige Menschen, etwa Wieland, Stern, den Horaz, Kästner und, wenn ich etwas Wein getrunken habe, den Herrn Gleim. Ja wenn ich Wein getrunken habe, da sehe ich schon in der Zeit, da ich dem Bedienten das Geld für die Bouteille gab, wie der Seligen einer in dieses Jammertal zurück. Wenn uns Sterne doch die Naturgeschichte des Rausches, so wie ihn der Dichter, der Philosoph und der Liebhaber betrachtet, beschrieben hätte! Es sind wenig Dinge in der Welt, die eines Philosophen so würdig sind, als die Flasche, die cum spe divite durch die Gurgel eines Liebhabers oder eines Dichters fließt. Spes dives, der Theolog trinkt und ein Thema zur Predigt wird nun zur Pfründe, er umarmt das Mädgen, das nur noch eine Seele zu seiner künftigen Besoldung auf die Empfängnis des Körpers wartet, der Jurist zieht sein Burgunder ein und Hasser werden nun zu Brot, Fähigkeiten und Titular-Geschicklichkeiten zu wirklichen Ambassaden. O jenseits der Bouteille, wie viel ist nicht da. Gebraucht es, Menschen, als Philosophen und lernt erkennen, was Wein ist. Wie sich verhält tierischer Genuß zum platonischen --- Genuß, so der Rausch des Fuhrmanns und des Tambours zu einer Verfassung, die vor dem unplatonischen Rausch vorhergeht, als die feine Liebe vor dem noch zweifelhaften Genuß, und für welche ich nun kein Wort wagen will.

 

[B 355] Bei einem kleinen Fieber glaubte ich einmal deutlich einzusehen, dass man eine Bouteille Wasser in eine Bouteille Wein verwandeln könne durch die nämliche Methode, wie man eine Figur in einen Triangel verwandelt.

 

[F 477] Man führt gegen den Wein nur die bösen Taten an, zu denen er verleitet, allein er verleitet auch zu hundert guten, die nicht so bekannt werden. Der Wein reizt zur Wirksamkeit, die Guten im guten und die Bösen im bösen.

 


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