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Abteilung V.
 
Skeptische Lösung dieser Zweifel.
Abschnitt I.

 

     Hier ist indes die Bemerkung am Orte, dass unsere Folgerungen aus der Erfahrung uns zwar über die Erinnerung und Wahrnehmung hinausführen und uns Gewissheit von Dingen geben, die in den entferntesten Orten oder frühesten Zeiten sich zugetragen haben; allein irgend eine Tatsache muss immer den Sinnen oder dem Gedächtnis gegenwärtig sein, von der bei Ziehung dieser Schlüsse auszugehen ist. Wenn Jemand in einer Wüste die Überbleibsel prachtvoller Bauwerke antrifft, so kann er schließen, dass das Land in alten Zeiten von einem zivilisierten Volke bewohnt worden ist; hätte er aber nichts der Art angetroffen, so hätte er nie einen solchen Schluss machen können. Wir erfahren die Ereignisse früherer Zeit durch die Geschichte, aber zu dem Ende müssen wir die Bücher lesen, in denen diese Belehrung enthalten ist, und von da mit unsern Schlüssen von einem Zeugnis zu dem andern fortschreiten, bis wir zu den Augenzeugen und Zuschauern dieser fernen Ereignisse gelangen. Kurz, wenn man nicht von einer den Sinnen oder dem Gedächtnis gegenwärtigen Tatsache ausgeht, so bleiben unsere Folgerungen reine Voraussetzungen; wenn auch die einzelnen Glieder gut mit einander verbunden sind, so wird doch die ganze Schlusskette von nichts getragen, und man kann durch sie niemals zur Kenntnis eines wirklich Daseienden gelangen. Wenn ich dich frage, weshalb du die Tatsache, welche du erzählst, glaubst, so musst du mir einen Grund angeben, und dieser Grund wird eine andere Tatsache sein, die mit ihr verknüpft ist. Da dies aber nicht ohne Ende fortgehen kann, so musst du endlich mit einer Tatsache endigen, welche dem Gedächtnis oder den Sinnen gegenwärtig ist, oder du musst einräumen, dass dein Glaube ohne allen Grund ist.

     Was ist nun das Ergebnis von alledem? Ein einfacher Satz, der allerdings den gewöhnlichen Lehren der Philosophie ziemlich fern steht. Aller Glaube an Tatsachen oder wirkliches Dasein beruht lediglich auf einem Gegenstand, der dem Gedächtnis oder Sinnen gegenwärtig ist, und auf einer gewohnheitsmäßigen Verbindung zwischen diesen und andern Gegenständen; oder mit andern Worten: hat man gefunden, dass in vielen Fällen zwei Dinge, wie Flamme und Hitze, Schnee und Kälte, immer mit einander verbunden gewesen sind, so treibt die Gewohnheit die Seele, wenn sie Schnee oder eine Flamme sieht, Kälte oder Hitze zu erwarten, und zu glauben, dass eine solche Eigenschaft existiert und bei größerer Annäherung sich ergeben wird. Dieser Glaube ist das notwendige Ergebnis, sobald die Seele in solche Verhältnisse kommt. In solcher Lage ist dieser Vorgang in der Seele ebenso unvermeidlich, als das Gefühl der Dankbarkeit, wenn man Wohltaten empfängt, oder des Hasses, wenn man beleidigt wird. Alle diese Vorgänge sind eine Art natürlicher Instinkt, welchen die Überlegung oder das Nachdenken des Verstandes weder zu erwecken noch zu hindern vermag.

     An diesem Punkte könnte ich wohl meine Untersuchung abbrechen. In den meisten Fragen kann man keinen Schritt weiter kommen, und bei allen Untersuchungen muss man zuletzt hier endigen, wenn man auch noch so anstrengend und eifrig die Forschung begonnen hat. Indes wird man den Eifer vielleicht entschuldigen, ja loben, der mich zur Fortsetzung der Untersuchung und zur genauern Prüfung der Natur dieses Glaubens und dieser gewohnten Verbindung treibt, von der er sich ableitet. Auf diese Weise werden vielleicht einige Erläuterungen und Analogien gewonnen, welche wenigstens für alle die von Interesse sein weiden, die strenge Wissenschaft lieben und sich an Erörterungen erfreuen, auch wenn sie bei aller Genauigkeit nicht zur vollen Gewissheit führen. Für andere Leser ist das Folgende in dieser Abteilung nicht berechnet; auch ist es für das Verständnis des Spätern nicht notwendig.

 


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