5. Nachwirkung


Heraklit ist eine Art antiker Faust, der mit den Rätseln des Daseins ringt und bereits manche moderne Elemente in sich trägt. Ein ursprünglicher Denker, dessen starke Seite offenbar in der genialen Intuition, nicht in der wissenschaftlichen Einzelforschung lag, hat er nicht bloß auf seine, sondern auch auf die nachfolgende Zeit bedeutsam eingewirkt. Plato hat in seiner Jugend Heraklits Einfluß erfahren, selbst Aristoteles ist nicht unberührt von ihm geblieben. Am meisten aber hat er auf die Naturphilosophie und Theologie der Stoiker gewirkt, die insbesondere seine Logoslehre weiter ausgebaut haben, und durch sie mittelbar auf die alexandrinische Religionsphilosophie jüdischer (Philo) und christlicher (Clemens) Richtung. Ja, noch bis in die neueste Zeit haben sich so entgegengesetzte Naturen, wie der gemütsinnige Schleiermacher und die verstandesscharfe Kämpfernatur Lassalles, sowie dessen dialektischer Meister Hegel, dem Reize der dunklen Weisheit des Philosophen von Ephesus nicht entziehen können.

Hat auch der einsame und eigenartige Mann keine »Schule« begründet, so hat es doch schon früh »Herakliteer« gegeben. Bekannt von ihnen ist jedoch nur Platos Lehrer Kratylos (nach dem auch ein platonischer Dialog benannt ist), der, den Satz des Meisters überbietend, behauptete: auch nicht einmal könne man in denselben Fluß hineinsteigen; Aristoteles spottet, Kratylos habe schließlich gar nichts mehr behaupten zu dürfen geglaubt, sondern nur noch den Finger bewegt. Auch in einer dem Arzte Hippokrates untergeschobenen Schrift Von der Diät (um 400 v. Chr.) werden heraklitische Sätze verwandt.


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