28. Unmöglichkeit der Aufgabe der sokratischen Lebensform


Vielleicht aber wird einer sagen: »Also still und ruhig, Sokrates, wirst du nicht imstande sein, nach deiner Verweisung zu leben?« Das ist nun wohl am allerschwersten manchem von euch begreiflich zu machen. Denn wenn ich sage, das hieße, dem Gotte ungehorsam sein, und deshalb wäre es mir unmöglich, mich ruhig zu verhalten, so werdet ihr mir nicht glauben, [38a] als meinte ich etwas anderes als ich sage. Und wenn ich wiederum sage, dass ja eben dies das größte Gut für den Menschen ist, täglich über die Tugend sich zu unterhalten und über die andern Gegenstände, über welche ihr mich reden und mich selbst und andere prüfen hört, ein Leben ohne Selbsterforschung aber gar nicht verdient, gelebt zu werden, das werdet ihr mir noch weniger glauben, wenn ich es sage. Aber gewiß verhält sich dies so, wie ich es vortrage, ihr Männer; nur euch davon zu überzeugen ist nicht leicht. Auch bin ich nicht gewohnt, mich selbst etwas Übles wert zu achten. Hätte ich nun Geld, so würde ich mir so viel Geldstrafe zuerkennen, als ich entrichten könnte: [b] denn davon hätte ich weiter keinen Schaden. Nun aber, ich habe eben keins; wenn ihr nicht etwa so viel, als ich zu entrichten vermag, mir zuerkennen wollt. Ich vermöchte euch aber vielleicht etwa eine Mine zu entrichten. Die will ich mir also zuerkennen. Platon aber hier und Kriton und Kritobulos und Apollodoros reden mir zu, mir dreißig Minen zuzuerkennen, und sie wollten Bürgschaft leisten. So viel also erkenne ich mir zu, und diese werden euch für dies Geld zuverlässige Bürgen sein.


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