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Schriften


Der Platonismus mit seinem Rationalismus und Begriffsrealismus (Hypostasierung von Begriffen), seiner Unterscheidung des idealen vom empirischen Sein, seiner Beziehung aller Dinge auf das Gute (Metaphysischer und ethischer Idealismus), seiner Neigung zur Transzendenz, zum Aufstieg von der Erfahrung zu einer höheren, wertvolleren überempirischen Wirklichkeit, ist für die Entwicklung des philosophischen Denkens, ja auch für die ganze Kulturbewegung von hoher Bedeutung geworden, umsomehr, als im Christentum sich verwandte Elemente Geltung machten oder gar Platonische Anschauungen direkt hineinverarbeitet wurden.

Schriften: Unter dem Namen Platons sind uns 36 Schriften überliefert, von denen aber die Kritik einen Teil als unecht, manche als zweifelhaft dargetan hat. Mit Ausnahme der Briefe sind diese Schriften in Dialogform verfaßt, welche Platon zum Teil in außerordentlich künstlerischer Weise gehandhabt hat. Diese 36 Schriften hat der Platoniker Thrasyllos in neun Tetralogien zusammengestellt: I. Eutyphron, Apologie, Kriton, Phaidon. II. Kratylos, Theaitetos, Sophistes, Politikos. III. Parmenides, Philebos, Symposion, Phaidros. IV. Alkibiades I, Alkibiades II, Hipparchos, Anterastai. V. Theages, Charmides, Laches, Lysis. VI. Euthydemos, Protagoras, Gorgias, Menon. VII. Hippias maior, Hippias minor, Jon, Menexenos. VIII. Kleitophon, Politeia (Republik), Timaios, Kritias. IX. Minos, Nomoi (Leges, Gesetze), Epinomis, Briefe. Davon sind sicher unecht: Minos, Epinomis, Alkibiades II, Theages, Anterastai, Kleitophon, Hipparch; zweifelhaft sind Alkibiades I, auch wohl noch Hippias maior und Jon. Vgl. UEBERWEG-HEINZE, Grundr. d. Gesch. d. Philos. I10, S. 140.

Was die Abfassungszeit und Anordnung der Schriften Platons anbelangt, wurden verschiedene Theorien aufgestellt. So von Schleiermacher, der eine didaktische Ordnung seitens Platons voraussetzt und elementarische, vermittelnde und konstruktive Dialoge unterscheidet, von Kierkegaard F. Hermann, welcher drei Schriftstellerperioden bei Platon unterscheidet und die Entwicklung des Platonischen Denkens betont, ferner von Steinhart, Susemihl, Munk, Grote, Immisch u. a. Von verschiedener Seite, Dillenberger, v. Arnim u. a., besondere aber von Lutoslawski, wurde auf Grund sprachlicher Kennzeichen (Gebrauch oder Nichtgebrauch bestimmter Wörter und Wendungen) mit ziemlichem Erfolge Ordnung und Zusammenhang in die Schriften Platons zu bringen gesucht.

Der Gegenstand der Dialoge (deren Anordnung hier konform mit der in Ueberweg-Heinze, Grundr. I10, 143 ff. ist) ist: 1. Apologie (Verteidigung des Sokrates und Idealisierung desselben). 2. Kriton (Über die Hochhaltung der Gesetze). 3. Laches (Über die Tapferkeit). 4. Charmides (Über die sôphrosynê). 5. Euthyphron (Über die Frömmigkeit). 6. Hippias maior (Über das Schöne). 7. Hippias minor (Über die Lüge und das Unrechttun). 8. Jon (Über die Kunst des Rhapsoden). 9. Protagoras (Gegensatz zwischen dem Relativismus der Sophisten und dem Sokratischen Standpunkt fester Begriffe, insbesondere der Lehrbarkeit der Tugend). 10. Gorgias (Gegensatz der dialektisch-sophistischen Rhetorik und der egoistischen sophistischen Moral einerseits, und des sittlich-politischen Standpunktes des Sokrates). 11. Menon (Lehrbarkeit der Tugend, das Lernen als Wiedererinnerung an das im Zustand der Präexistenz Geschaute). 12. Menexenos (Über Rhetorik). 13. Euthydemos (Über sophistische Eristik). 14. Kratylos (Über die Sprache, die von Platon sowohl als etwas Natürliches wie auch als etwas Künstliches aufgefaßt wird). 15. Lysis (Über die Freundschaft). 16. Symposion (Gastmahl; Über die Liebe im Sinne des philosophischen Strebens nach dem Wahren, Guten und Schönen, nach der Idee; Mythus vom Eros als Kind des Reichtums, des Besitzes und der Armut, woraus das Streben nach dem Besitz des Guten und Schönen abgeleitet wird). 17. Phaidon (Über die Unsterblichkeit). 18. Politeia (Staat), enthält Platons Dialektik, Ethik, Staatsphilosophie, schildert den Idealstaat. 19. Phaidros (Ideenlehre in Verbindung mit einem Mythus über die Schau der Ideen, besonders der Idee des Schönen). 20. Theaitetos (Theorie der Wahrnehmung und des Wissens). 21. Parmenides (Über die Ideenlehre und über die Einheit, Bedenken gegen die Parmenideische Lehre, aber auch gegen manches in der Ideenlehre). 22. Sophistes (Auffassung der Ideen als lebendig und beseelt; über das Nichtseiende und das »Andere«). 23. Politikos (Der Begriff des guten Staatsmannes). 24. Philebos (Über das Gute und die Lust, sekundäre Stellung der letzteren, die aber, als »reine« Lust, nicht abzuweisen ist). 25. Timaios (Naturphilosophie, Lehre vom Demiurgen, von der Weltseele usw., mythische Darstellungsweise der Ideenlehre: die Ideen als göttliche Wesen). 26. Kritias (Bericht über den Staat »Atlantis«). 27. Nomoi (Über den zweitbesten, d.h. der historischen Entwicklung und den realen Verhältnissen mehr Rechnung tragenden Staat als Mischling aus Monarchie und Demokratie).

Die Werke Platons erschienen zuerst lateinisch (Übersetzung von Marsilius Ficinus), 1483-84, griechisch zuerst 1513, dann besonders 1578 in der Ausgabe des H. Stephanus, deren Seitenzahlen in den meisten neueren Ausgaben beigefügt sind und nach welchen zitiert wird. Weitere Ausgaben erschienen 1781-87, 1833 ff., 1851-53, 1861 ff., 1875 ff., 1899 ff. (Oxford), u. ö., Einzelwerke auch bei Teubner. Deutsche Übersetzungen erschienen von Schleiermacher, 1804 ff.; 2. A. 1817 ff., von H. Müller, 1850 ff. (mit Einleitungen von Kierkegaard Stein-hart) u. a., Einzelwerke in der »Philos. Bibliothek«, bei Diederichs und Klinkhardt. Vgl. über Platon: Aristoteles, Diogenes Laërtius u. a., ferner: Kierkegaard Fr. Hermann, Geschichte und System der platonischen Philosophie, 1839. H. Bonitz, Platonische Studien, 1858-60; 3. A. 1886. H. v. Stein, Sieben Bücher zur Geschichte des Platonismus, 1864. G. G rote, Plato, 1865; 2. ed. 1885. Lutoslawsky, On the Origin and Growth of Platos Logic, 1897; Platons Logic, 1898. Windelband, Platon, 1900; 3. A. 1901 (Frommans Klassiker der Philosophie). W. Pater, Plato und der Platonismus, 1904. A. Riehl, Plato, 1905. C. Ritter, P.s Dialoge, 1909; Platon, 1910; Neue Untersuch. über Platon, 1910. H. Cohen, Die platonische Ideenlehre, Zeitschr. f. Völkerpsychol. IV, 1866. Natorp, P.s Ideenlehre, 1903. D. Peipers, P.s Erkenntnisth., 1874. E. Pfleiderer, Sokrates u. Platon, 1896. Baeumker, Das Problem der Materie, S. 110 ff. J. Steger, Platonische Studien III: Die platonische Psychologie, 1872. A. B. Cook, The Metaphysical Basis of Platon's Ethic, 1895. O. Apelt, Der Wert des Lebens nach Platon, 1907. Kierkegaard F. Hermann, Die historischen Elemente des platonischen Staatsideals, Ges. Abhandl. 1848. Zeller, Vorträge und Abhandlungen I, 1865. Hildenbrand, Geschichte und System der Rechts- und Staatsphilosophie I, 1860. R. Pöhlmann, Geschichte des antiken Kommunismus und Sozialismus I, 1893. Natorp, P.s Staat und die Idee der Sozialpädagogik, 1895. A. Mazarakis, Die platonische Pädagogik, 1900. J. Walter, Geschichte der Ästhetik im Altertum, S. 168 ff. A. Ruge, Die plat. Ästhetik, 1832. Ast, Lexicon Platonicum, 1835-38; 2. A. 1908.


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