II. Negativer Beweis


II. Negativer Beweis. Der Boden ist die gemeinschaftliche Stütze der Menschheit in der Sinnenwelt, die Bedingung ihres Bestehens im Raum, sonach ihrer ganzen sinnlichen Existenz, die Erde, insbesondere als Masse betrachtet, ist gar kein möglicher Gegenstand eines Besitzes; denn sie kann, als Substanz, keinem möglichen ausschließenden Zwecke eines Menschen unterworfen werden: von dem Gebrauche eines Dinges aber alle Übrigen ausschließen, ohne selbst einen Gebrauch desselben angeben zu können, ist nach dem Obigen widerrechtlich. Also das Recht des Landbauers auf ein bestimmtes Stück Grund und Boden ist lediglich das Recht, darauf Produkte zu erbauen, und jeden Andern von diesem Anbaue und von jedem andern Gebrauche dieses Grundstücks, welcher jenem Gebrauche widerstreitet, auszuschließen.

1) Also das Recht, zu bauen, aber kein Grundeigentum.

2) Der Landbauer hat sonach nicht das Recht, einen dem Ackerbaue unschädlichen Gebrauch desselben Grundstückes zu hindern; z.B. den Bergbau, oder die Hutung auf dem abgeernteten und jetzt nicht mehr zu besäenden Acker, falls er nicht selbst das Recht hat, Vieh zu halten.

Die Äcker werden an die Einzelnen unter der Garantie des Staates verteilt, und durch Grenzsteine bezeichnet, damit gewisses Recht sei. Einen Grenzstein zu verrücken, ist demnach ein Verbrechen gegen den Staat, indem es das Recht unsicher macht.

Jeder Landbauer, der Nichts wäre als dies, müsste durch die Bearbeitung seines Ackers seinen Unterhalt gewinnen können. Könnte er dieses durch alle seine Arbeit nicht, so müsste eine neue Verteilung vorgenommen, und ihm zugelegt werden laut den oben entwickelten Grundsätzen. Ob Jeder seinen Acker wenigstens in soweit bearbeite, dass er seinen Unterhalt darauf gewinnen könne, darüber steht er unter der Aufsicht des Staates.

Hieraus ergibt sich A) das Eigentumsrecht des Landbauers an Grund und Boden: wobei er indes, laut Obigem, kein Recht hat, einen andern ihm unschädlichen Gebrauch desselben zu verhindern. So Bergbau.

B) Das Recht des Bergbaus. - Der Staat hat kein ausschließendes Recht auf denselben, aber er qualifiziert sich zur Bearbeitung desselben als Repräsentant der Gemeinde. Demnach ist er natürliches Regale, wie die Forsten: - überlassen den Lohnarbeitern. Die Hauptsache ist, dass ein ausdrückliches Gesetz die Bürger von der Besitznehmung ausschließe. Nichts darf unbestimmt bleiben: außerdem ist der Eigentumsvertrag nicht umfassend. Alles soll seinen Herrn haben, oder eine Regel, nach der es einen bekomme.

(Weiter ausgeführt: angewandtes Naturrecht, S.41-44.).

C) Das Recht 1) des Besitzes von zahmen Tieren, Zuchtvieh. Der Beweis des ausschließenden Eigentums ist zu führen; hierüber die vorzuschlagenden Gesetze und Regeln. - 2) der Benutzung von wilden (ungezähmten Tieren: Jagd - Fischerei.

(Weitere Ausführung a.a.O. S.44-56.)

D) Alles dieses zusammengenommen ist hervorbringende Arbeit, die Arbeit für den Gewinn des Naturproduktes, bloß als solchen, er sei nun durch Nachhülfe der natürlichen Produktion, wie beim Feldbaue und der Viehzucht, oder dass die ohne alle Anleitung der Kunst von der Natur hervorgebrachten Produkte nur aufgesucht werden, wie beim Bergbau, der wilden Forstbenutzung, der wilden Fischerei und der Jagd. Wir wollen deshalb diese Eine Hauptklasse der Arbeiter für den Staat mit einem allgemeinen Namen nennen: die Produzenten, oder besser die Hervorbringer.

Nun ist es sehr möglich, dass diese rohen Produkte noch einer besonderen Zubereitung durch die Kunst bedürfen, um den Zwecken der Menschen angemessen zu sein. Es ist daher zu erwarten, dass andere Staatsbürger sich lediglich dieser Verarbeitung der rohen Materialien für die Zwecke ihrer Mitbürger widmen werden, und dieses gibt eine zweite Klasse der Staatsbürger, die der Verarbeiter oder Künstlern. Der Unterschied ist scharf und die Benennung vollkommen richtig. Alle die Vorhergenannten überlassen die Natur ganz ihr selbst, sie schreiben ihr Nichts vor, sondern versetzen sie nur unter die Bedingungen der Anwendung ihrer bildenden Kraft: die, welche bloß Produkte aufsuchen, tun nicht einmal dies. Sobald die Natur ihr Geschäft vollendet hat, ist die Arbeit der Produzenten zu Ende, das Produkt ist reif, oder das rohe Produkt ist da. Die von der zweiten Klasse treten nun ein, die gar nicht mehr auf die Beihilfe der Natur daran rechnen, indem der Bildungstrieb des Produktes entweder schon durch die Reife getötet ist, oder sie selbst ihn für ihren Zweck töten müssen. Sie setzen die Teile ganz nach ihrem eignen Begriffe zusammen, und in ihnen selbst, nicht in der Natur, liegt die bewegende Kraft. Etwas auf diese Art zu Stande Gebrachtes heißt ein Kunstprodukt. Jeder Faden der Spinnerin ist ein solches.

1) Es ist, falls es erkannt worden, Pflicht des Staates und Recht der Bürger, dass dies Recht, gewisse Gegenstände auf eine gewisse Weise zu bearbeiten, einem besonderen Grundstande ausschließend übertragen werde, denn dadurch wird Freiheit und Muße gewonnen, und diese soll gewonnen werden.

Der Ackerbauer muss zu jeder Stunde ganz seiner Feldarbeit leben, der Verarbeiter dagegen seiner Arbeit. Keiner muss durch den Andern gestört werden. a) Ist es den Einzelnen zu verbieten, die Holzschuhe sich selbst zu machen, da ja so viel Zeit vom Ackerbaue übrig bleibt? Dies konnte nur im äußersten Elende, und bei der übelsten Organisation eines Staates Einem einfallen, wer seine Zeit und Kräfte wenig in Anschlag brächte[a], und dem es an einem anzubietenden Äquivalent gänzlich mangelte; denn außerdem würde er Nichts dabei gewinnen, sondern vielmehr verlieren. Das Spinnen ist gut, als Nebenbeschäftigung der Frauen. b) Sollen dagegen die Handwerker auf dem Lande und in Ackerstädten zugleich den Feldbau treiben, nach der Voraussetzung, jeder Mensch in denselben sei ein Feldbauer, und sei dieses eigentlich? Alsdann soll ein solcher Handwerker nur für sich, der eigentliche Landbauer soll aber auch für Andere gewinnen. Aber wird alsdann der Ackerbau nie Kunst, weil er eben Nebensache ist. Beides ist gegen die Regel eines höher sich bildenden Staates, gegen die der Sparsamkeit und Mußegewinnung.

2) Dieser Grundstand der Künstler verarbeitet die Produkte nicht bloß für sich, sondern für Alle, wie er denn auch nicht von seinen Produktionen, sondern von den Naturprodukten lebt; er muss daher von seiner Arbeit leben können, unter der Garantie des Staates, und frei von Verantwortlichkeit. Denn der Vertrag des Staates mit jedem Einzelnen lautet: gegen Arbeit, Leben, und die auf den Teil eines Jeden kommende Muße.

Die Bedingung aber, dass dieser Stand leben könne, ist die, dass die Menge der Produkte über das Lebensbedürfnis der Landbauer und der Staatsbeamten hinaus da sei, die der verarbeitende Stand zu seinen Lebensbedürfnissen bedarf.

Folge: In keinem Staate darf also mehr Verarbeitung des rohen Naturproduktes sein, als der Ackerbau trägt, und bezahlen kann: außerdem könnte der verarbeitende Stand nicht leben.

Die Regel ist also: Ein solcher Zustand der Produktionen nach Maßgabe der ursprünglichen Fruchtbarkeit, der Menge der Hände, die sich ihm widmen, der durch Maschinen und mitarbeitende Tiere unterstützten Kraft derselben, macht möglich diese Höhe der Bearbeitung, des rohen Stoffes, die da erfordert so viel Zeit (der Ungenutzheit des Stoffes während dieser Arbeit): und so viel Menschenkraft: denn der Stoff muss von der Produktion geliefert werden, und muss entbehrt werden können; die Arbeiter müssen ihre Nahrung von daher erhalten.

Das Gegenteil ist nicht etwa unrätlich, und unpolitisch, - dies geht uns Nichts an, und das sagen Andere auch, sondern es ist widerrechtlich. Es ist sodann dem Stande der Verarbeiter ein ursprüngliches Menschenrecht, leben zu können von seiner Arbeit, nicht gesichert. Es muss an Nahrung und Absatz fehlen.

Ich sagte: ein solcher Zustand der Produktion macht diese Höhe der Bearbeitung möglich. Nicht etwa auch notwendig? Wenn so viele Hände =x, mit ihrer Arbeit an der Produktion beschäftigt, hinreichen, die Staatsbeamten und noch so viele Menschen =y zu ernähren, sollen sie sie denn nicht ernähren? Sollen lieber Alle weniger arbeiten? Es ist aber die Voraussetzung, dass die Arbeiten nicht übertrieben sind, (denn außerdem gäbe es ein andres Resultat)! Also nein; sie sollen sie ernähren. Aber umsonst, und so, dass Jene dabei müßig sind? Dies ist schlechthin keines Menschen Recht, und eine unverschämte Forderung. Also sie sollen auch arbeiten für ihre Nahrung, nach ihrem Maße. Was sollen sie aber arbeiten? Sie sollen die Produkte weiter verarbeiten. Wir müssen also sagen, solcher Zustand der Produktion setzt, - macht gebührend diese Höhe der Bearbeitung. - Die Verbindlichkeit des Staates gegen den Grundstand der Verarbeiter lässt am Besten sich fassen als ein Vertrag der Produzenten mit den Künstlern unter der Garantie des Staates, der also lautet: Ihr liefert uns die und die Arbeit, von der und der erforderlichen Güte, Wir dagegen liefern Euch Eure Nahrung, die Produkte. Eins gesetzt, ist das Andere gesetzt, liefert Ihr Eure Arbeit nicht so, so dürft Ihr von uns die Nahrung nicht fordern, für die Arbeit werdet Ihr sie aber gewiss erhalten, d.i. Ihr sollt leben können, wenn Ihr arbeitet. -

Es sind im Allgemeinen zwei Klassen der Verarbeiter zu unterscheiden: 1) solche, die bloß ihre Arbeit aufwenden, denen aber das Materiale nicht zu eigen gehört, operarii, Lohnarbeiter; und 2) solche, denen der Stoff und darum die ganze Ware als Eigentum gehört, opifices. Den Ersteren muss Arbeit, den Letzteren Absatz ihrer Waren durch den Staat garantiert werden.

Darin liegt 1) die Notwendigkeit der Vergünstigung des Staates für jeden Einzelnen, sich der Verarbeitung zu widmen. (Oben nannten wir dieselbe die Lossprechung von dem Grundstande des Produzenten). Der Staat muss einem Jedem erlauben, wovon er leben will, weil nur er übersehen kann, ob er davon werde leben können. 2) Die Garantie des Staates, zu der er verpflichtet ist.

Gleich hier, wo die Sache noch einfach ist, dies gefasst. Es streitet dies gegen die gewöhnlichen Ansichten, und wir werden noch Folgerungen daraus ziehen, die noch mehr mit denselben streiten. Man sagt gewöhnlich: der Absatz des Fabrikanten geht uns Nichts an: da sehe er zu, dass er seine Produkte los wird. Er hat uns nicht gefragt, da er sie machte. Zuvörderst ist dies in den meisten Fällen nicht wahr. Ihr habt törig Fabriken befördert: dann aber, wenn es auch wahr wäre, hättet Ihr es leiden sollen? Ohne Eure Erlaubnis darf Nichts gemacht werden. Sind denn die Menschen unter Euch wie die wilden Waldvögel, um deren Treiben sich Niemand bekümmert, deren Existenz aber darum auch vogelfrei ist? Jedem Bürger ist sein Leben garantiert, darum steht auch die Weise, wie er es gewinne, unter der garantierenden Gewalt. Ihr sprecht von Bürgern: da liegt’s eben, Ihr habt unter Euch Wilde, die nicht einmal Bürger sind. Aber innerhalb eines Staates kann, ohne die höchste Unordnung und Unrechtlichkeit anzurichten, Keiner, der Menschen Angesicht trägt, leben, ohne Bürger zu sein. Ist es nicht Rechtsverletzung an ihm, so ist es Rechtsverletzung an den Bürgern.


 © textlog.de 2004 • 14.12.2024 10:47:44 •
Seite zuletzt aktualisiert: 21.01.2005 
bibliothek
text
  Home  Impressum  Copyright