b. Obelisken usf.
Ähnliche Werke, welche zwischen der Architektur und Skulptur stehen, finden sich ferner hauptsächlich in Ägypten. Hierher gehören z. B. die Obelisken, welche ihre Form zwar nicht aus der organisch-lebendigen Natur, von Pflanzen, Tieren oder der Menschengestalt hernehmen, sondern von ganz regelmäßiger Gestalt sind, doch gleichfalls noch nicht mit dem Zweck, zu Häusern oder Tempeln zu dienen, sondern frei für sich selbständig dastehen und die symbolische Bedeutung von Sonnenstrahlen haben. »Mithras«, sagt Creuzer (Symbolik, Bd. l, S. 469), »der Meder oder Perser, regiert in der Sonnenstadt Ägyptens (zu On-Helio-polis) und wird dort von einem Traume erinnert, Obelisken zu bauen, sozusagen Sonnenstrahlen in Stein, und Buchstaben darauf einzugraben, die man die ägyptischen nennt.« Schon Plinius gibt diese Bedeutung der Obelisken an ([Naturalis historia] XXXVI, 14 und XXXVII, 8). Sie waren der Gottheit der Sonne geweiht, deren Strahlen sie auffangen und zugleich darstellen sollten. Auch in persischen Bildwerken kommen Feuerstrahlen vor, die aus Säulen aufsteigen (Creuzer, Bd. l, S. 778).
Nächst den Obelisken müssen wir hauptsächlich der Memnonen Erwähnung tun. Die großen Memnonsstatuen zu Theben, von welchen noch Strabo die eine ganz erhalten und aus einem Steine sah, während die andere, welche beim Sonnenaufgang erklang, schon zu seiner Zeit verstümmelt war, hatten menschliche Gestalt. Es waren zwei sitzende kolossale menschliche Figuren, durch ihre Grandiosität und Massenhaf-tigkeit mehr unorganisch und architektonisch als skulpturartig, wie denn auch Memnonssäulen reihenweise vorkommen und dadurch, daß sie nur in solcher gleichen Ordnung und Größe Gültigkeit haben, von dem Zwecke der Skulptur ganz zu dem der Baukunst heruntertreten. Hirt (Geschichte der Baukunst, Bd. l, S. 69)*) deutet die kolossale Klangstatue, von welcher Pausanias sagt, daß die Ägypter sie als das Bild des Phamenoph ansähen, nicht auf eine Gottheit, sondern eher auf einen König, der hier, wie Osymandyas und andere, sein Denkmal hatte. Doch sollen diese großartigen Bildwerke wohl eine bestimmtere oder unbestimmtere Vorstellung von etwas Allgemeinem geben. Die Ägypter und Äthiopier verehrten den Memnon, den Sohn der Morgenröte, und opferten ihm, wenn die Sonne ihre ersten Strahlen sendet, wodurch das Bildnis mit seiner Stimme die Anbetenden begrüßte. So ist es als tönend und stimmegebend nicht bloß nach seiner Gestalt von Wichtigkeit und Interesse, sondern durch sein Sein lebendig, bedeutsam, offenbarend, wenn auch zugleich nur symbolisch andeutend.
Ebenso wie mit den kolossalen Memnonsstatuen verhält es sich mit den Sphinxen, die ich in Rücksicht auf ihre symbolische Bedeutung schon früher besprochen habe. Man findet die Sphinxe in Ägypten nicht nur in ungeheurer Anzahl, sondern auch von der stupendesten Größe. Eine der berühmtesten Sphinxe ist diejenige, welche in der Nähe der Pyramidengruppe von Kairo steht. Ihre Länge beträgt 148', ihre Höhe von den Klauen bis zum Kopf 65', die vorn hingelagerten Füße von der Brust bis zur Spitze der Klauen 57' und die Höhe der Klauen 8'. Doch diese ungeheure Masse ist nicht etwa erst ausgehauen und dann nach dem Ort, den sie jetzt noch einnimmt, hingebracht worden, sondern als man bis zu ihrer Basis grub, fand man, daß der Boden aus Kalkstein bestehe, so daß sich zeigte, das ganze immense Werk sei aus einem Felsen ausgehauen, von welchem es noch einen Teil bildet. Dies immense Gebilde nähert sich zwar mehr der eigentlichen Skulptur in deren kolossalstem Maßstabe; ebensosehr jedoch wurden die Sphinxe auch zu Gängen reihenweise nebeneinandergestellt, wodurch sie sogleich einen vollständig architektonischen Charakter erhalten.
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*) Aloys Hirt, Geschichte der Baukunst bei den Alten, 3 Bde., Berlin 1820-27