Kant
[J 255] Es ist wenigstens von Herrn Kant nicht freundschaftlich gegen seine Leser gehandelt, daß er sein Werk so geschrieben hat, daß man es studieren muß wie ein Werk der Natur. Bei Werken der Natur wird der Fleiß und der Eifer bei der Untersuchung durch die Überzeugung unterhalten, daß das Ganze der Untersuchung wert ist und dass man etwas seines Fleißes Würdiges finden würde, wenn man etwas fände. Allein bei menschlichen Werken ist dieses nicht zu erwarten, denn da kann es sein, dass der Verfasser sich geirrt hat und dass alles auf Jacob-Böhmismus hinausläuft. Herr Kant hatte freilich schon vielen Kredit in der Welt, dafür betraf aber auch sein Buch einen Gegenstand, der an sich nicht der interessanteste für die Welt [ist], und doch mußte man Begriffe, wie den von Vorstellung, selbst aus wiederholter Lesung des Buchs kennen lernen. Die Gegenstände von Herrn Kants Buch sind freilich sehr interessant, aber das konnte doch nicht jedermann gleich wissen.
[J 453] Ich glaube, dass so wie die Anhänger des Herrn Kant ihren Gegnern immer vorwerfen, sie verstünden ihn nicht, so glauben auch manche, Herr Kant habe recht, weil sie ihn verstehen. Seine Vorstellungs-Art ist neu und weicht von dem Gewöhnlichen sehr ab, und wenn man nun auf einmal Einsicht in dieselbe erlangt, so ist man auch sehr geneigt, sie für wahr zu halten, zumal, da er so viele eifrige Anhänger hat, man sollte aber dabei immer bedenken, dass dieses Verstehen noch kein Grund ist, es selbst für wahr zu halten. Ich glaube, dass die meisten über der Freude, ein sehr abstraktes und dunkel abgefaßtes System zu verstehen, zugleich geglaubt haben, es sei demonstriert.
[J 876] Die Welt ist nicht da, um von uns erkannt zu werden, sondern uns in ihr zu bilden. Das ist eine Kantische Idee.
[L 268] Kant sagt irgendwo einmal: Die Vernunft ist mehr polemisch als dogmatisch.