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Ästhetik


Ästhetik. Die Kunst (technê) im weiteren Sinne ist Fähigkeit des Gestaltens (poiein), die das von der Natur nicht Vollendbare ausführt oder aber die Natur nachahmt. Hierbei aber geht sie auf das Allgemeine an den Dingen, auf das Typische und ist insofern »philosophischer« als die Geschichte. Es besteht ein angeborener Nachahmungstrieb und eine Lust an den Gebilden der Nachahmung; diese darf keinesfalls eine sklavische sein, sondern muß typisieren und idealisieren. Die schöne Kunst dient der Ergötzung und Erholung, indem sie reine Gefühle auslöst, Bedürfnisse nach gefühlsmäßigem Ausleben befriedigt und so die Seele von ihren Affekten (und deren Übermaß) reinigt, sie (und die Affekte selbst) auf ein ruhiges Maß herabstimmt, eben durch den Ablauf der Affekte. Diese Reinigung und Läuterung, Katharsis (katharsis), wird besonders durch die Tragödie bewirkt; diese ist die nachahmende Darstellung einer bedeutungsvollen, in sich abgeschlossenen und maßvollen Handlung in schöner, den Teilen der Dichtung entsprechender Sprache, durch handelnde Personen und nicht mittels Erzählung, zum Zwecke, durch Mitleid und Furcht die Reinigung solcher Affekte [bezw. von solchen] zu bewirken (di' eleou kai phobou perainousa tên tôn toioutôn pathêmatôn katharsin, Poët. C. 6). Über die Auffassung der Katharsis - ob Reinigung von den Affekten oder der Affekte selbst oder beides -:

Vgl. LESSING (Hamburger Dramaturgie, 74 ff.), GOETHE (WW. XXIX, 490), UEBERWEG (Wegschaffung von Affekten), J. BERNAYS (Zwei Abhandl. üb. d. Aristot. Theor. d. Drama, 1880; K. = »erleichternde Entladung«), A. DÖRING (Kunstlehre des Aristoteles, 1876), H. LEHR (Die Wirkung der Tragödie nach Aristoteles) u. a. (vgl. UEBERWEG-HEINZE. Grundr. I10, S. 238 f.).


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(Aus: Rudolf Eisler (1876-1927): Philosophen-Lexikon. Leben, Werke und Lehren der Denker, 1912)


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Seite zuletzt aktualisiert: 18.10.2006