Theater
[F 626] Es bewegt den Magen, die Einwendungen der Gottes-Gelehrten gegen das Theater zu lesen, selbst das, was sie dabei zugeben, ist elend zugegeben. Die Religion verbiete unschuldige Vergnügungen gar nicht, sagen sie. Ein Kompliment, womit in der Tat der Theologe beim Weltmann wenig gewinnt, der ihm gewiß antworten kann: es würde auch sehr elend um die Religion stehen, die sie verböte. Man muß zwischen Schauspiel-Gesellschaften unterscheiden. Es gibt schlechte Schauspiel-Gesellschaften, und gefährliche Schauspielgesellschaften, so wie es schlechte Ordens-Gesellschaften und überhaupt schlechte Gesellschaften gibt. Ich glaube, dass in vielen Abend-Versammlungen von Manns-Personen, wo keine Frauenzimmer gegenwärtig sind, so wie z. E. Purschen-Gesellschaften weit andere Dinge keimen als in Schauspielhäusern. Die fruchtbaren Bäder, und Brunnen-Gesellschaften sind vortrefflich einen zwergartigen Stammbaum wieder in den Schuß zu bringen, mögen aber zu den Sitten wenig beitragen. Und hat eine Truppe Unterstützung, so kommen die schönen Schauspielerinnen nicht so leicht an jedermann, hier und da ein Reicher, der sich sonst wo sein Verderben erkauft hätte, findet es hier freilich auch so gut wie überall. Aber auf den großen Theatern sehen Tausende zu, die die Actrice einmal ein wackres Mensch nennen, und dann vergessen. Großmütige Vergebung von Fehltritten aus Übereilung ist ziemlich gemein auf unsern Theatern geworden, tausend Menschen tun es aus Empfindsamkeit nach. Und ist Geschichte die man lernt nichts? Der Engländer, der nicht lesen kann und nicht Zeit hat zu lesen, lernt die Geschiechte seines Vaterlandes aus dem Shakespear auf der Bühne. Er lernt billig denken, Fehlern verzeihn, die bei großen Tugenden stehn, und indem er die Tyrannen kennen lernt, unter denen seine Vor-Eltern seufzten, lernt er die erhabnen Tugenden Georg des 3. verehren, den er noch überdas selbst gegenwärtig sieht. Wenn ich den Theologen raten dürfte, so sollten sie sich schlechterdings der Bühne nicht mehr widersetzen. Es ist nun zu weit damit gekommen, der Grund davon liegt in der menschlichen Natur und Scheiterhaufen selbst könnten nicht mehr helfen. Laßt uns also den besten Gebrauch davon machen. Prinzen, Minister, Bischöfe, und Superintendenten, besucht die Schauplätze, und dann bestraft den Schauspieler und den Dichter, der sich erkühnt in eurer Gegenwart etwas vorzubringen, das euer Ansehen mindern oder eure Sitten beleidigen könnte.