Dichter


[E 433] Die alten Dichter haben doch noch den Nutzen, wenn sie auch sonst keinen hätten, dass wir die Meinungen des gemeinen Volks hier und da kennen lernen, die sonst nicht aufgezeichnet sind, auch den haben unsere Genies nicht einmal. Denn unsere Volkslieder sind oft voll von einer Mythologie, die niemand im Städten kennt als der Narr, der das Volkslied gemacht hat.

 

[F 492] Bei unsern Mode-Dichtern sieht man so leicht, wie das Wort den Gedanken gemacht hat, bei Milton und Shakespeare zeugt immer der Gedanke das Wort.

 

[F 608] Besonders ist, dass unsere Dichter von unsern vernünftigen Leuten von Stand nicht mit Vergnügen gelesen werden. Der Fehler kann unmöglich in unserm Publikum liegen, er liegt sicherlich in unsern Dichtern, es sind meist junge oder alte Knaben, die im Zirkel unerfahrner Bewunderer aufgewachsen sind und daher nicht zunehmen können. Wer nicht zu gewissen Jahren oft in Gesellschaft war, wo er nicht die erste Rolle spielte, und seine Kräfte in einer Spannung sein mußten, um nicht eine üble Meinung von sich zu erwecken, wird gewiß ein Tropf werden und das sind gewiß allemal 9 unter 10 unserer gerühmten Dichter. Der Mann der Welt kann nichts von ihnen lernen, er übersieht sie, so wie das handlungsvollste Schauspiel auch noch Bemerkungen enthalten muß, die selbst den Denker bei der Lampe beschäftigen können müssen, so kann selbst die Ode, indem sie die Einbildung mit Bildern hinreißt wie das Licht einen, dem der Star jetzt ausgezogen worden, tiefe Bemerkungen enthalten, die den Mann von Überlegung, wenn der Rausch verfliegt, beschäftigen können. Aber mein Gott, wie kann der etwas sagen, der nichts weiß?

 

[F 745] Unsere Dichter werden gewiß eben so sehr gelobt als die Engländer, aber die Leute, die sie loben, sind von geringerem Gewicht.

 


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