Romani, La Zingarella


Leipzig. La Zingarella ò gli amori di Don Giovanni de Carcama et Donna Constanza d'Azedevo, nova Istoria, tradotta dall' originale Spagnuolo da Don Clemente Romani, in Italiano, attuale Maestro delle ambe due lingue in Lipsia. Stampato a Lipsia da Federico Lanckisch Eredi, 1751. In Okt. 71/2 Bogen.

Ein Italiener braucht kein Hexenmeister zu sein, um Spanisch zu können. Wir würden es also ohne Bedenken dem Herrn Romani auf sein Wort geglaubt haben, dass er in dieser mit seiner Muttersprache so sehr verwandten Sprache eine beträchtliche Stärke besitze, wenn es ihm nicht gefallen hätte, seine Geschicklichkeit durch dieses Werkchen selbst verdächtig zu machen.

Michael de Cervantes Saavedra ist auch unzählichen bekannt, die ihn in seiner Sprache nicht lesen können; wenigstens kennen sie ihn als den Verfasser des Don Quixote. Die aber, die sich mit dem Spanischen Witze etwas näher bekannt gemacht haben, kennen ihn aus noch andern Meisterstücken, welche ihn, auch ohne jene abenteuerliche Geschichte, eines ewigen Namens versichern würden. Seine »Neuen Beispiele« verdienen darunter eine vorzügliche Stelle, und die erste aus diesen Novelas Exemplares, la Gitanilla, ist es, welche uns Herr Romani hier aus dem Spanischen übersetzt zu haben überreden will. Dieses schon ist ein großer Beweis wider ihn, dass er nicht einmal den Verfasser angeben kann, und von der Spanischen Urschrift als von etwas redet, welches ihm durch ein besonderes Glück in die Hände gefallen sei, da von diesen »Neuen Beispielen« doch eine ganz neue Holländische Auflage von 1739 in jedermanns Händen ist. Doch dieses ist nicht das einzige, was ihn verdächtig macht. Man darf seine Übersetzung nur mit dem Original zusammen halten, wenn man von seinem kleinen Betruge völlig überzeugt sein will, welchen wir ihm so hoch nicht anrechnen würden, wenn uns der Titel eines Spanischen Sprachmeisters, den er sich beilegt, nicht das Recht gäbe, etwas schärfer mit ihm zu verfahren.

Wir wollen eine kleine Probe anführen, die unsre Beschuldigung rechtfertigen mag. Gleich nach dem ersten Romanse heißt es im Spanischen: El cantar de Preciosa fue para admirar à quantos la escuchavan: unos dezian: Dios te bendiga la muchacha, otros: Lastima es, que est moçuela sea Gitana. En verdad en verdad que merecia ser hija de un gran sennor. Otros avia mas groseros, que dezian: Dexen crecer à la rapaza, que ella harà de las suyas, à fè que se và añudando en ella gentil red barredera, para pescar coraçones. Otro mas humano, mas basto, y mas modorro, viendola andar tan ligera en el bayle, le dixo: A ello hija, à ello; andad amores, y pisad el polvito à tan menudito. Dieses heißt bei dem Italiener: Preciosa centò si bend, che rapì tutti quelli, che l'intesero. Gli uni li davono benedizzioni, gli altri dicevono, esser peccato, che nata sia Egizziana, essendo degna d'altra nascita, altri si servivono d'altri termini, dicendo che cresciuta, che sarebbe si vedrebbe la sconda Arpia, lasciatela solamente crescere e vedrete cosa saprà fare, dicevono fra di loro. Li suoi occhi sono molto più proprii per li larcini, che le sue mani: e giudicando per le sue nascenti, e graziose fattezze, ch' attraggono di già i cuori di tutt' i viventi, si prevedeva ben, esser nata per accattivarseli, e farli Schiavi: che prepara buschate invigibil' a coloro, che sel accosteranno da Vicino e pochi ne li scapparanno. Was für eine abgeschmackte Verwirrung ist nicht in der Spanischen sinnreichen Kürze entstanden! Der letzte und artigste Gedanke: So recht, Mägdchen! kommt ihr Liebesgatter, und berühret den Staub so leicht! ist gar weggeblieben. Damit wir aber deutlich zeigen, woraus eigentlich Herr Romani übersetzt hat, so wollen wir eben diese Stelle aus der Französischen Übersetzung des Abts de Chassonville anführen: Pretiosa chanta si bien, qu'elle ravit tous ceux qui l'entendirent. Les uns lui donnoient des benedictions. Les autres disoient que c'etoit dommage qu'elle fut ne Egyptienne, qu'elle etoit digne d'une autre naissance. Les plus penetrans tenoient un autre langage. Qu'on la laisse seulement croitre la petite Harpie, disoient-ils, qu'on la laisse seulement croitre, et l'on verra ce qu'elle saura faire. Ses yeux sont bien plus propres pour les larcins que ses mains: et à en juger pa, ses charmes naissans, qui lui attirent deja les suffrages de tout le monde, on entrevoit bien qu'elle est faite pour faire des Esclaves; qu'elle prèpare des embuches qui seront funestes à ceux qui la verront de trop près, et que peu de coeurs lui echaperont. Herr Romani muß nicht gewußt haben, dass beinahe alle Französische Übersetzungen nach diesem Muster der Richtigkeit verfertiget sind, sonst würde er sich schwerlich auf seinen Vorgänger so sehr verlassen haben, dass er ihn uns für das Original verkaufen will. Was Wunder also, dass er in alle Fehler des Franzosen gefallen ist? wovon wir eine große Menge anführen könnten, die wir aber deswegen übergehen, weil sie nicht auf unsern Italienischen Übersetzer fallen können, auf welchen nur der einzige fällt, dass er es gar nicht aus dem Spanischen übersetzt hat.

Von diesem kleinen Roman selbst wollen wir itzo nichts gedenken, weil wir Hoffnung haben, bald mit mehrerm von den neuen Beispielen des Cervantes sprechen zu können, wenn die Deutsche Übersetzung aus dem Spanischen, die, wie wir wissen, in der Arbeit ist, an das Licht kommen wird.


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