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Idealismus, Ich, Nicht-Ich


Der Idealismus muß (wie schon Reinhold betont) alles aus einem einzigen Grundsatz ableiten; er geht nicht von Tatsachen aus, sondern von »Tathandlungen«, von absoluten »Setzungen« des Ichs, welches kein Ding, sondern »absolute Tätigkeit und nichts als Tätigkeit« ist. Dieses Ich ist das allen Einzel-Ichs gemeinsame, ihnen logisch vorangehende, das bewußte, intelligente Ich ebenso wie die Außenwelt erst in sich setzende reine, absolute, aktive, dem empirischen Bewußtsein vorangehende Ich, die »Ichheit«, das »absolute Subjekt«, dessen Sein bloß darin besteht, daß es sich selbst als seiend setzt. »So wie es sich setzt, ist es; und so, wie es ist, setzt es sich, und das Ich ist demnach für das Ich schlechthin und notwendig.« Substanz ist das Ich nur als »den ganzen schlechthin bestimmten Umkreis aller Realitäten umfassend«. Es ist das »erste Prinzip aller Bewegung, alles Lebens, aller Tat und Begebenheit«. Als Subjekt hat es das Objekt zum Korrelat, so aber, daß das »Nicht-Ich« selbst schon ein Produkt der absoluten Ich-Tätigkeit ist und als unabhängig vom Ich nur erscheint. Das absolute Ich ist die Identität des Bewußtseienden und Bewußten, die allen gemeinsame Vernunft, die erst in dem Ich als Idee, dem idealen Ich (als Strebensziel) vollkommen realisiert ist.

Der oberste Grundsatz alles menschlichen Wissens soll »diejenige Tathandlung ausdrücken, die... allem Bewußtsein zum Grunde liegt und allein es möglich macht«. Als Thesis nimmt Fichte den Satz: A ist A (A = A), welcher schlechthin, ohne allen weiteren Grund gewiß ist. Man schreibt sich damit das Vermögen zu, »etwas schlechthin zu setzen«. Gesetzt ist hier aber nicht, daß A sei, sondern: Wenn A ist, so ist B, also ein notwendiger Zusammenhang zwischen A und B. Und zwar wird er im Ich und durch das Ich gesetzt, d.h. es wird gesagt, daß im Ich etwas ist, was sich stets gleich ist, so daß man sagen kann Ich = Ich, Ich bin Ich. In diesem Satze ist das Ich schlechthin gesetzt (nicht, wie A, bedingt), er bedeutet soviel wie: Ich bin. Es ist Erklärungsgrund aller Tatsachen des empirischen Bewußtseins, daß vor allem Setzen im Ich vorher das Ich selbst gesetzt sei. Allem Urteilen liegt das: Ich bin zugrunde. Der reine Charakter des Geistes ist Tätigkeit; das Ich ist das Handelnde und zugleich sein Produkt. »Sich selbst setzen und Sein sind, vom Ich gebraucht, völlig gleich«. Ich bin daher schlechthin, weil ich bin. So ergibt sich, daß nicht der Satz A = A den Satz: Ich bin, sondern daß vielmehr dieser den ersteren begründet, denn dieser ergibt sich durch Abstraktion vom Gehalt des ersteren. Abstrahiert man von der Handlungsart des Geistes, so hat man die Kategorie der Realität. Was durch das Setzen irgend eines Dinges gesetzt ist, ist in ihm Realität, ist sein Wesen. »Alles, was ist, ist nur insofern, als es im Ich gesetzt ist, und außer dem Ich ist nichts.« An der Hand des Satzes vom Widerspruch (Non-A nicht -A) weist Fichte das »Entgegensetzen« als Tathandlung auf. Das dem Ich Entgegengesetzte ist »Nicht-Ich« (Objekt). Dem Ich wird schlechthin entgegengesetzt ein Nicht-Ich. »Von allem, was dem Ich zukommt, muß kraft der bloßen Gegensetzung dem Nicht-Ich das Gegenteil zukommen«. Die Reflexion auf die.Form der Folgerung vom Entgegengesetzten auf das Nicht-Sein ergibt die Kategorie der Negation. Ich und Nicht-Ich sind beide »Produkte ursprünglicher Handlungen des Ich«. Sie schranken sich gegenseitig ein d.h. ihre Realität wird partiell aufgehoben: Ich und Nicht-Ich werden als teilbar gesetzt. Es ergibt sich: »Ich setze im Ich dem teilbaren Ich ein teilbares Nicht-Ich entgegen«. Die Reflexion auf die bloße Form der Vereinigung Entgegengesetzter durch den Begriff der Teilbarkeit ergibt den Satz des Grundes (A zum Teil = Non-A), aus dem die Kategorie der Bestimmung (Begrenzung, Limitation) folgt. Aus dieser Synthesis folgen alle anderen apriorischen Grundsätze und Kategorien. In ihm liegt zweierlei: 1. »Das Ich setzt das Nicht-Ich als beschränkt durch das Ich« — die Grundlage der praktischen Wissenschaftslehre; 2. »Das Ich setzt sich selbst als beschränkt durch das Nich-Ich« die Grundlage der theoretischen Wissenschaftslehre.


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Seite zuletzt aktualisiert: 25.10.2006