II. [Freiheit als Ausprägung des Ich an den Dingen, als Besitz]

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Dies hat nun mannigfache Folgen für das Verständnis der Besitzarten. Wenn Freiheit bedeutet, daß der Wille sich ungehindert verwirklichen kann, so scheinen wir also um so freier zu sein, je mehr wir besitzen; denn das hatten wir als den Sinn des Besitzens erkannt, daß wir mit seinem Inhalt »machen können, was wir wollen«; mit dem Besitz eines Anderen oder demjenigen, was sich überhaupt dem Besessenwerden entzieht, haben wir keine »Freiheit« mehr, zu schalten, wie wir wollen: darum hat. genau im Sinn unserer Auffassung der Freiheit, die lateinische und lange Zeit auch die deutsche Sprache mit dem Wort Freiheit die Bedeutung des Vorrechts, der besonderen Begünstigung, verbunden. Die Freiheit findet nun ihre Grenze an der Beschaffenheit des besessenen Objektes selbst. Das wird schon demjenigen Objekt gegenüber sehr fühlbar, das wir doch am unbeschränktesten zu besitzen glauben, unserem Körper. Auch er gibt den psychischen Impulsen nur innerhalb der eigenen Gesetze seiner Konstitution nach, und gewisse Bewegungen und Leistungen kann unser Wille nicht mit irgend welchem Erfolge von ihm verlangen. Und so mit allen anderen Objekten. Die Freiheit meines Willens gegenüber einem Stück Holz, das ich besitze, geht freilich so weit, daß ich allerlei Geräte daraus schnitzen kann; aber sie erlahmt, sobald ich solche davon herstellen will, die die Biegsamkeit des Gummis oder die Härte des Steins verlangen. Was unser Wille mit dem Dinge machen kann, gleicht doch schließlich nur dem, was der Künstler seinem Instrumente entlocken kann. So tief sein Fühlen und Können sich auch in das Instrument einbohren mögen und sowenig die Grenze, bis zu der er es sich unterwerfen kann, auch vorherzubestimmen sei; irgendwo muß sie liegen; von irgendeinem Punkt an gestattet seine Struktur keine weitere Nachgiebigkeit gegen die Seele; das ist der Punkt, von dem an die Dinge uns nicht mehr » gehören«. Diese prinzipielle Schranke des Besitzens zu übersehen, liegt freilich der jetzigen Epoche nahe, in der unterbrochene Anpassungen und gleichzeitiger ungezügelter Freiheits- und Besitzdrang unzähliges von den Dingen verlangen lassen, was sie uns ihrer und unserer Natur nach nicht geben können. Ich erinnere an die - erst ganz neuerdings einigermaßen sich korrigierende - Verständnislosigkeit für das Material in der Kunst; und daran, daß man Glück und Frieden der Seele immer mehr von den äußeren Lebensbedingungen erwartet, von den Fortschritten der Technik wirkliche Kultur, von der objektiven Struktur der Gesellschaft Zufriedenheit und Vollkommenheit des Individuums.
Im Großen und Ganzen ist der Wille unseren Lebensbedingungen so angepaßt, daß er von den Dingen nicht verlangt, was sie nicht leisten können, daß die Beschränkung unserer Freiheit durch die eigenen Gesetze des Besitzes ihnen gegenüber nicht zu positiver Empfindung gelangt; dennoch ließe sich eine Skala der Objekte aufstellen, von der Frage aus, wie weit das Wollen sich im allgemeinen ihrer bemächtigen kann und von wo an sie diesem nicht mehr durchdringbar sind, wie weit sie also wirklich »besessen« werden können. Die äußerste Stufe einer solchen Skala würde das Geld darstellen. Hier ist jenes Ungewinnbare, das die Objekte gleichsam für sich reservieren und das sich auch einem noch so unumschränkten Besitz ihrer versagt, völlig verschwunden. Es fehlt ihm ganz jene eigene Struktur, durch die die anderen, bestimmt qualifizierten Dinge, so sehr wir sie auch im juristischen Sinne besitzen mögen, sich unserem Willen verweigern, es fügt sich mit unterschiedsloser Leichtigkeit jeder Form und jedem Zweck, den dieser in ihm ausprägen will; nur aus den Dingen, die hinter ihm stehen, mögen uns Hemmnisse quellen; es selbst gibt jeder Direktive, auf welches Objekt, auf welches Maß der Verteilung, auf welches Tempo des Hingebens oder Reservierens immer, gleichmäßig nach. So gewährt es denn dem Ich die entschiedenste und restloseste Art, sich in ein Objekt hinein auszuleben - freilich innerhalb der Grenzen, die es dem durch seine Qualitätslosigkeit steckt, die so aber eben bloß negative sind und nicht wie bei allen anderen Objekten aus seiner positiven Natur hervorgehen. Alles, was es ist und hat, gibt es vorbehaltlos dem menschlichen Willen hin, es wird völlig von diesem aufgesogen, und wenn es ihm nicht mehr leistet, als der Fall ist, so liegt jenseits dieser Grenze nicht wie bei allen anderen Objekten ein vorbehaltener und unnachgiebiger Teil seiner Existenz, sondern schlechthin nichts.
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