B. Der poetische Ausdruck
Der erste Kreis, bei dessen unendlichem Umfang wir uns mit wenigen allgemeinen Bestimmungen haben begnügen müssen, betraf das Dichterische überhaupt, den Inhalt sowie die Auffassung und Organisation desselben zum poetischen Kunstwerke. Hiergegen nun bildet die zweite Seite der poetische Ausdruck, die Vorstellung in ihrer selbst innerlichen Objektivität des Worts als Zeichens der Vorstellung und die Musik des Wortes.
Welches Verhältnis nun der poetische Ausdruck im allgemeinen zu der Darstellungsart der übrigen Künste habe, können wir aus dem oben bereits in betreff auf das Poetische überhaupt Ausgeführten abstrahieren. Das Wort und die Wortklänge sind weder ein Symbol von geistigen Vorstellungen, noch eine adäquate räumliche Äußerlichkeit des Innern wie die Körperformen der Skulptur und Malerei noch, ein musikalisches Tönen der ganzen Seele, sondern ein bloßes Zeichen. Als Mitteilung des poetischen Vorstellens aber muß auch diese Seite im Unterschiede der prosaischen Ausdrucksweise theoretisch zum Zweck gemacht werden und gebildet erscheinen.
In dieser Rücksicht lassen sich drei Hauptpunkte bestimmter unterscheiden. Erstens nämlich scheint zwar der poetische Ausdruck durchaus nur in den Worten zu liegen und sich deshalb rein auf das Sprachliche zu beziehen; insofern aber die Worte selbst nur die Zeichen für Vorstellungen sind, so liegt der eigentliche Ursprung der poetischen Sprache weder in der Wahl der einzelnen Wörter und in der Art ihrer Zusammenstellung zu Sätzen und ausgebildeten Perioden noch in dem Wohlklang, Rhythmus, Reim usf., sondern in der Art und Weise der Vorstellung. Den Ausgangspunkt für den gebildeten Ausdruck haben wir demnach in der gebildeten Vorstellung zu suchen und unsere erste Frage auf die Form zu richten, welche das Vorstellen, um zu einem poetischen Ausdruck zu kommen, annehmen muß.
Zweitens aber wird die in sich selbst dichterische Vorstellung nur in Worten objektiv, und wir haben deshalb ebensosehr den sprachlichen Ausdruck nach seiner rein sprachlichen Seite zu betrachten, nach welcher sich poetische Wörter von prosaischen, poetische Wendungen von denen des gewöhnlichen Lebens und des prosaischen Denkens unterscheiden, wenn wir auch zunächst von der Hörbarkeit derselben abstrahieren.
Drittens endlich ist die Poesie wirkliches Sprechen, das klingende Wort, das sowohl seiner zeitlichen Dauer als auch seinem realen Klange nach gestaltet sein muß und Zeitmaß, Rhythmus, Wohlklang, Reim usf. erforderlich macht.
Inhalt:
|
|