C. Der Künstler


Wir haben in diesem ersten Teile zunächst die allgemeine Idee des Schönen, sodann das mangelhafte Dasein derselben in der Schönheit der Natur betrachtet, um drittens zum Ideal als der adäquaten Wirklichkeit des Schönen hindurchzudringen. Das Ideal entwickelten wir erstens selbst wieder seinem allgemeinen Begriff nach, der uns zweitens jedoch auf die bestimmte Darstellungsweise desselben führte. Indem nun aber das Kunstwerk aus dem Geiste entspringt, so bedarf es einer produzierenden subjektiven Tätigkeit, aus welcher es hervorgeht und als Produkt derselben für anderes, für die Anschauung und die Empfindung des Publikums ist. Diese Tätigkeit ist die Phantasie des Künstlers. Wir haben deshalb als dritte Seite des Ideals jetzt zum Schluß noch zu besprechen, wie das Kunstwerk dem subjektiven Inneren angehört, als dessen Erzeugnis es noch nicht zur Wirklichkeit herausgeboren ist, sondern sich erst in der schöpferischen Subjektivität, im Genie und Talent des Künstlers gestaltet. Doch brauchen wir eigentlich eher dieser Seite nur deshalb zu erwähnen, um von ihr zu sagen, daß sie aus dem Kreise philosophischer Betrachtung auszuschließen sei oder doch nur wenige allgemeine Bestimmungen liefere, obschon es eine häufig aufgeworfene Frage ist, wo denn der Künstler diese Gabe und Fähigkeit der Konzeption und Ausführung hernehme, wie er das Kunstwerk mache. Man möchte gleichsam ein Rezept, eine Vorschrift dafür haben, wie man es anstellen, in welche Umstände und Zustände man sich versetzen müsse, um Ähnliches hervorzubringen. So befragte der Kardinal von Este Ariosto über seinen Rasenden Roland: „Meister Ludwig, wo habt ihr all das verdammte Zeug her?« Raffael, ähnlich befragt, antwortete in einem bekannten Briefe, er strebe einer gewissen Idea nach.

Die näheren Beziehungen können wir nach drei Gesichtspunkten betrachten, indem wir erstens den Begriff des künstlerischen Genies und der Begeisterung feststellen, zweitens von der Objektivität dieser schaffenden Tätigkeit sprechen und drittens den Charakter der wahren Originalität zu ermitteln suchen.



Inhalt:


1. Phantasie, Genie und Begeisterung
2. Die Objektivität der Darstellung
3. Manier, Stil und Originalität


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Seite zuletzt aktualisiert: 14.09.2004 
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