Die Landsknechtsplage
›Fürwahr‹, erwiderte ich, ›genausogut kannst du sagen, die Diebe seien zu hegen, deren ihr zweifellos nie ermangeln werdet, so lange ihr diese habt. Denn die Diebe sind keine schlaffen Soldaten und die Soldaten des Stehlens nicht eben unkundig. Die beiden Gewerbe stimmen gut zusammen. Aber so geläufig euch dieser Makel ist, ist er euch doch nicht eigentümlich: er ist fast allen Völkern gemeinsam. Von einer noch verderblicheren Pest ist Gallien heimgesucht. Das ganze Land ist auch im Frieden — wenn dort Friede ist — von Soldaten angefüllt und belagert, aus demselben Grund, aus dem ihr glaubtet, diese Dienstmannen ernähren zu müssen, weil es nämlich den verrückten Staatsweisen geschienen hat, das Staatswohl bestehe darin, dass immer eine starke verlässliche Besatzung in Bereitschaft sei, insbesondere von altgedienten Soldaten, da man zu Rekruten gar kein Vertrauen hat. So dass der Krieg nur entfacht werde, um kriegskundige Soldaten zu haben, im Abschlachten erprobt, damit ihnen nicht (wie Sallust treffend sagt) Hand und Sinn in Mußezeiten erlahme.
Wie gefährlich es aber ist, auf diese Weise wilde reißende Tiere aufzuziehen, das hat Frankreich zu seinem eigenen Schaden kennen gelernt, und die Beispiele der Römer, Karthager, Syrier und vieler Völker bezeugen es deutlich, weil ihre stets schlagfertigen Heere nicht nur das Reich im Ganzen, sondern auch die Äcker und Städte bei einer Gelegenheit über der andern urplötzlich verwüstet haben. Wie das durchaus nicht nötig ist, erhellt daraus, dass nicht einmal die französischen Soldaten, die von den Kinderschuhen aus in den Waffen höchst geübt sind, sich nicht oft rühmen können, aus dem Zusammentreffen mit den rasch improvisierten eurigen als Sieger hervorgegangen zu sein, um nicht mehr zu sagen, damit es nicht den Anschein habe, ich wolle den Anwesenden schmeicheln.
Aber man nimmt an, dass weder eure städtischen Handwerker, noch die rauhen ländlichen Feldbebauer die müssiggehenden Gefolgsmänner der Adeligen besonders fürchten, außer etwa diejenigen, deren Statur und Körperkräfte ihrem Mute nicht gleichkommen, oder deren geistige Schwungkraft durch häusliche Not gebrochen ist; so ist auch keine Gefahr vorhanden, dass ihre kräftigen und gesunden Körper (denn der Adel hält es nur der Mühe wert, auserlesene Gestalten herunterzubringen) durch Muße und Nichtstun verweichlicht werden, wenn sie ein gediegenes Handwerk, das ihnen den Lebensunterhalt verbürgt, erlernen; oder durch zu leichte, nur für Weiber geeignete Arbeit von Kräften kommen, oder unfähig werden, Strapazen zu ertragen.
Wie sich das nun auch verhalten mag, so scheint es mir nicht einmal für den Fall eines Krieges — den ihr übrigens, wenn ihr nicht wollt, nicht zu haben braucht — dem Gemeinwohl zuträglich zu sein, einen unendlichen Schwarm solcher Leute zu ernähren, weil es dem Frieden Abbruch tut, dem man doch so viel mehr Pflege zuwenden sollte, als dem Kriege. — Aber das ist keineswegs die einzige Ursache der Diebstähle; es gibt vielmehr nach meiner Meinung noch eine, die euch eigentümlich ist‹.
›Und diese ist?‹ fragte der Kardinal.