III. Lehrsatz. Das Vakuum


Aber es ist nicht alles gedrängt voll Körpermaterie

Allerseits. Denn es gibt noch im Innern der Dinge das Leere.

Dies ist zu wissen für dich in vielen Beziehungen nützlich;

Denn es läßt dich nicht schwanken und ratlos immerdar grübeln

Über das Ganze der Welt, statt unserem Wort zu vertrauen.

Also es gibt ein leeres, ein fühllos, stoffloses Wesen.

Wäre das Leere nicht da, dann könnt' auf keinerlei Weise

Irgendein Ding sich bewegen. Denn Widerstand zu entwickeln,

Das ist des Körpers Amt; dies würde beständig in allen

Dingen sich zeigen. Es könnte mithin nichts weiterhin vorgehn;

Denn nichts wollte zuerst Platz machen für andere Wesen.

Aber wir sehen doch jetzt vor den Augen sich vielerlei regen

Und in verschiedenster Art sich durch Länder und Meere bewegen

Wie an dem Himmelsgewölbe. Doch fehlte nun etwa das Leere,

Würde sich nicht nur nichts in reger Bewegung befinden,

Sondern es fehlte durchaus auch die Möglichkeit jeder Erzeugung,

Da sich der rings aufhäufende Stoff nicht zu rühren vermöchte,

     Übrigens hält man zwar die Dinge für dicht und solide,

Aber wie locker ihr Körper, ersieht man aus folgendem Beispiel:

Durch das Grottengestein fließt Wasser in flüssigem Strome,

Überall rieseln herab die reichlich tropfenden Tränen.

Ferner: die Speise verteilt sich im ganzen Leib der Geschöpfe.

Auch die Bäume gedeihen und spenden zur Zeit uns die Früchte,

Weil sich der Nahrungssaft von den untersten Wurzeln nach oben

Wie durch den Stamm, so durch alles Gezweig vollständig verbreitet.

Mauern durchdringet der Schall und durchfliegt auch verschlossene

Häuser,

Und der erstarrende Frost dringt durch bis zum Mark und den Knochen.

Wären die Räume nicht leer, durch welche die einzelnen Körper

Könnten hindurch sich bewegen, so wäre dergleichen unmöglich.

     Endlich warum ist dies an Gewicht just schwerer als jenes,

Ohne daß ihre Gestalt an Umfang wäre verschieden?

Wäre von Körpermasse gleichviel vorhanden im Wollknäul

Wie in dem Klumpen von Blei, dann müßten sie gleichen Gewichts sein;

Ist doch des Körpers Amt nach unten hin alles zu drücken,

Wie es zum Wesen des Leeren gehört des Gewichts zu ermangeln.

Also was gleichgroß ist und dennoch leichter erscheinet,

Zeigt natürlich uns an, daß in ihm mehr Leeres sich birget;

Andererseits was schwerer erscheint, gibt uns zu erkennen,

Daß es an Masse wohl mehr, doch weniger Leeres enthalte.

     Also es ist in den Dingen natürlich noch etwas enthalten,

Was wir spürsamen Geistes erforschen: wir nennen's das Leere.


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