Hypochondrie


[B 25] Wir haben heutzutage eine ganze Menge sogenannter feiner Köpfe (nicht großer Geister). Es sind aber dieses nicht sowohl Leute, die groß in der ganzen Anlage ihres Geistes, und zwar ursprünglich, sind, sondern bei den meisten ist die Feinheit eine Schwächlichkeit, Hypochondrie, eine kränkliche Empfindlichkeit. Ein solcher Gelehrter ist zu feinen Bemerkungen aufgelegter als andere Menschen, stiftet aber [in] dem Reich der Gelehrsamkeit selten so viel Nutzen, glaubt viel ausrichten zu können, wenn er nur erst wollte, will aber niemals. Diese Leute bilden sich leicht nach allem, wenn sie lauter Gutes lesen, so schreiben sie ziemlich gut, sie sind aber allzeit weit entfernt von der sicheren Richtigkeit der Alten, deren Genie der gesunden und festen Reife einer Frucht und nicht der welken, wurmstichigen, wiewohl oft schönfarbigen einiger Neueren gleicht.

 

[J 673] Es gibt große Krankheiten, an denen man sterben kann; es gibt ferner welche, die [man], ob man gleich nicht eben daran stirbt, doch ohne viel Studium bemerkt und fühlt; endlich gibt es aber auch welche, die man ohne Mikroskop kaum erkennt, dadurch nehmen sie sich aber auch recht abscheulich aus und dieses Mikroskop ist Hypochondrie. Ich glaube, wenn sich die Menschen recht darauf legen wollten, die mikroskopischen Krankheiten zu studieren, sie würden die Satisfaktion haben, alle Tage krank zu sein.

 


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