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II. [Psychologische Folgen der teleologischen Stellung des Geldes: Geldgier, Geiz, Verschwendung, asketische Armut, moderner Zynismus, Blasiertheit]

 

Die Stellung des Geldes, insoweit sie seinen Charakter über das bloße Mittlertum hinaus zu einem selbständigen Interesse steigert, will ich nun noch nach zwei negativen Instanzen hin verfolgen. Die Verschwendung ist nach mehr als einer Richtung dem Geize verwandter als die Entgegengesetztheit ihrer Erscheinungen zu verraten scheint. Es ist hier zu bemerken, daß in Zeiten naturaler Wirtschaft die geizige Konservierung der Werte mit deren Natur, mit der sehr begrenzten Aufhebbarkeit der landwirtschaftlichen Produkte, nicht vereinbar ist. Wo daher deren Umsetzung in das unbegrenzt aufhebbare Geld nicht tunlich oder wenigstens nicht selbstverständlich ist, findet man selten ein eigentlich geiziges Aufhäufen derselben; wo Bodenprodukte unmittelbar gewonnen und konsumiert werden, besteht meistens eine gewisse Liberalität, besonders etwa Gästen und Bedürftigen gegenüber, wie sie das zum Sammeln viel mehr einladende Geld weniger nahe legt; so daß Petrus Martyr die Kakaosäcke rühmt, die den alten Mexikanern als Geld dienten, weil sie nicht lange aufgehäuft und verborgen aufbewahrt werden konnten und also keinen Geiz gestatteten. Ganz entsprechend beschränken naturale Verhältnisse die Möglichkeit und den Reiz der Verschwendung. Die verschwenderische Konsumtion und leichtsinnige Vergeudung innerhalb derselben haben doch, abgesehen von sinnloser Zerstörung, an, der Aufnahmefähigkeit des eigenen und fremder Subjekte ihre Grenze. Die Hauptsache aber ist, daß die Verschwendung des Geldes überhaupt einen ganz anderen Sinn, eine ganz neue Nuance gegenüber der Verschwendung konkreter Gegenstände enthält: die letztere bedeutet, daß der Wert für die vernünftigen Zweckreihen des Individuums schlechthin vernichtet ist, die erstere, daß er in unzweckmäßiger Weise in andere Werte umgesetzt ist. Der Typus des Verschwenders in der Geldwirtschaft und derjenige, der allein eine geldphilosophisch bedeutsame Erscheinung bietet, ist nicht jemand, der das Geld in natura sinnlos verschenkt, sondern der es zu sinnlosen bzw. seinen Verhältnissen nicht angemessenen Käufen verwendet. Die Lust am Verschwenden, die genau von der Lust etwa an dem flüchtigen Genuß der Gegenstände, an dem damit verbundenen Protzentum, an dem anregenden Wechsel zwischen Erwerb und Verbrauch der Objekte zu unterscheiden ist, die vielmehr die reine Funktion des Verschwendens, ohne Rücksicht auf ihren substanziellen Inhalt und ihre Begleiterscheinungen betrifft - heftet sich also an den Moment des Geldausgebens für irgendwelche Gegenstände; der Reiz dieses Momentes überdeckt beim Verschwender die sachgemäße Schätzung des Geldes einerseits, der Gegenstände andrerseits. Hiermit wird die Stellung des Verschwenders der Zweckreihe gegenüber deutlich bezeichnet. Wenn das Endglied derselben der Genuß aus dem Besitz des Objekts ist, so ist ihre erste uns hier wesentliche Mittelstufe, daß man das Geld besitze, die zweite, daß man es für den Gegenstand ausgebe. Für den Geizigen nun wächst jene erste zu einem für sich lustvollen Selbstzweck aus, für den Verschwender die zweite. Das Geld ist für ihn kaum weniger wesentlich als für jenen, nur nicht in der Form des Habens, sondern in der des Ausgebens. Sein Wertgefühl baut sich in dem Augenblick des Überganges des Geldes in andere Wertformen an und zwar mit solcher Intensität, daß er sich den Genuß dieses Augenblicks um den Preis erkauft, alle definitiveren Werte damit zu vergeuden.

 


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