Intervall

Intervall. (Musik) Das Verhältnis zweier Töne in Absicht auf ihre Höhe; oder der Sprung, den die Stimme zu machen hat, um von einem niedrigen auf einen höheren Ton zu kommen. Es liegen zwischen dem tiefsten vernehmlichen Ton und dem höchsten unendlich viel Grade, deren jeder gegen den tiefsten Ton, ein besonderes Intervall ausmacht; so dass die Anzahl der Intervalle unendlich ist. Aber aus dieser unendlichen Menge hat man nur wenige mit besonderen Namen bezeichnet und nach ihrer eigentlichen Größe bestimmt1: nämlich nur die, welche entweder in dem System der Töne als wirkliche Stufen vorkommen oder doch zur Kenntnis des Systems und zur Beurteilung der Harmonie dienen; ob sie gleich in dem Gesange selbst nicht vorkommen. Man ist auf die Betrachtung dieser letztern Art der Intervalle gekommen, da man die verschiedenen Stufen oder Schritte des Tonsystems unter einander vergliechen hat. So hat man in dem diatonischen System die Stufe C-D, welche einen großen Ton 8/9 ausmacht, mit der Stufe D-E, die ein kleiner Ton 9/10 ist, vergliechen und gefunden, dass dieser um 80/81 kleiner ist als jener und diesem Unterschied hat man den Namen Komma gegeben. Auf eben diese Weise hat man den großen Ton 8/9 mit dem halben Ton 15/16 vergliechen und gefunden, dass jener um 128/135 größer als dieser sei und dieses Intervall, das auch eine Art des halben Tones ausmacht, ein Limma genannt. Die vornehmsten Intervalle von dieser Art sind das Komma, die Diesis, das Diaschisma und das Limma, deren Ursprung und Größe in anderen Artikeln angezeigt worden.2 Von diesen Intervallen ist das gemeine diatonische Komma 80/81, am vorzüglichsten zu merken, weil es eigentlich das höchste erlaubte Maß der Abweichung von der völligen Reinheit ist.

 Um dieses deutlich zu verstehen, hat man zu bemerken, dass bei dem Gesang C-D-E das Ohr zwischen der ersteren Stufe C-D und der anderen D E, keinen merklichen Unterschied empfindet, sondern sie für gleich groß hält, ob schon die erstere einen großen Ton große8/9 und die andere einen kleinen Ton 9/10 ausmacht, der, wie vorher angemerkt worden, um das Komma 80/81 kleiner als jener ist. Man hat auf der anderen Seite gesehen, dass bei dem Sprung einer Oktave C-c der letztere Ton vollkommen rein sein müsse und dass dem Ohr die geringste Erhöhung oder Vertiefung der Oktaven empfindlich und beschwerlich sei. Daraus hat man geschloßen, dass die Oktave notwendig vollkommen rein sein müsse, da hingegen die Sekunde ohne Schaden um ein ganzes Komma höher oder tiefer sein kann. Bei der Quinte, welche nächst der Oktave die vollkommenste Konsonanz ist, ist das Gehör weniger empfindlich als bei der Octav, doch weit mehr als bei der Terz. Aus diesen Beobachtungen hat man denn den Schluss gemacht, dass dissonierende Intervalle von ihrer Natur nichts verlieren, wann sie um ein Komma (80/81) zu hoch oder zu tief sind; dass aber die konsonierenden um kein Komma zu hoch oder zu tief sein dürfen, ohne etwas von ihrer Natur zu verlieren. Da die kleine Terz zunächst an die Sekunde grenzt, so kann sie zur Not noch ein Komma über sich vertragen; die große Terz aber verträgt dieses weniger, für die Quarten und Quinten aber, wäre der Mangel eines ganzen Komma schon zu beschwerlich. Diese Anmerkung muss man bei der Temperatur des Systems vor Augen haben, um nicht unbrauchbare Intervalle in das System einzuführen. Es ist unnötig über die kleineren Intervalle, die keine wirkliche Stufen in dem System ausmachen, weitläufiger zu sein.

  Wichtiger ist die Betrachtung der Intervalle, die als wirkliche Stufen in dem Gesang vorkommen. Diese haben ihre Namen von der Art, wie die Töne in Noten gesetzt werden, bekommen; und um diese Namen auf einmal zu fassen, darf man nur die Stufen des Notensystems von unten auf mit Zahlen bezeichnen, wie hier. Man muss hier voraussetzen, dass allemal die Stufe, worauf die Note des Haupttons, aus welchem gespielt wird steht, mit 1 bezeichnet werde. Wenn das Stück aus C gespielt wird, so ist die Bezeichnung, wie bei a; wird aus A gespielt, so ist sie wie bei ß. u. s. f. Von da aus werden die anderen Stufen der Reihe nach mit den Zahlen, wie sie auf einander folgen, bezeichnet. Auf diese Weise bekommt der höhere Ton, in Absicht seines Abstandes von dem Grundtone, das ist, das Intervall, den lateinischen Namen der Zahl, womit die Stufe, darauf er steht bezeichnet ist. Also ist D die Sekunde, E die Terz, F die Quarte und so fort, von C. Eben dieses gilt auch, wenn man einen anderen Ton z. E. A. für den untersten annimmt, wie im zweiten Beispiel zu sehen ist.

  Daher sind ehedem so viel verschiedene Namen der Intervalle entstanden als in dem System Stufen gewesen. Die Neueren haben diese Namen nicht alle behalten, sondern geben fast allezeit den Tönen, die das Intervall der Oktave überschreiten, wieder die Namen, die sie haben würden, wenn die achte Stufe wieder mit 1, die neunte mit 2 u. s. f. bezeichnet wären, wie bei *. Was also nach der ersten Bezeichnung eine None, Decime, Undecime wäre, wird auf diese Art zur Sekunde, Terz und Quarte. Diese hat man verdoppelte oder auch bisweilen zusammengesetzte Intervalle genannt. Doch gibt es auch Fälle, wo die alten Namen: None, Decime u. s. f. müssen beibehalten werden. Um alle Verwirrung zu vermeiden, wird es nötig sein, dass wir zeigen, wo dieses geschehen müsse.

 Zuvorderst muss man die verdoppelten Intervalle bei Verfertigung eines doppelten Kontrapunkts, nach den alten Namen, None, Decime, Undecime u. s. f. benennen, weil sonst leicht eine Verwirrung entstehen könnte. Wenn man z. B. eine Stimme in die Duodecime versetzen will, so muss man sich folgende Vorstellung von der Veränderung der Intervalle vorzeichnen.3 [= (*) im Bild] Zum Kontrapunkt in der Quinte aber folgende: Woraus zu sehen ist, dass im ersteren Falle die Stimmen ganz anders kommen als im anderen.

 Zweitens hat man auch beim Generalbass in der Bezifferung bisweilen nötig, die Intervalle nach alter Art zu bezeichnen. Wenn z. B. bei dem Orgelpunkt, der Akkord der Septime mit der None so vorkommt, dass diese Dissonanzen, ehe sie aufgelößt werden, etliche Schritte herauftun und denn wieder auf ihre vorige Stelle zurücktreten und aufgelößt werden, in welchem Falle die Bezifferung nach der neuen Art Verwirrung machen würde. So wäre es ungereimt und unverständlich, wenn man anstatt dieser Bezifferung diese brauchen wollte.

 Drittens gibt es Fälle, wo die None, ihrer Natur und Behandlung nach, von der Sekunde unterschieden ist, so dass man ihr, ihren eigenen Namen der None notwendig lassen muss.4

 Nach unserem heutigen System, kann ein und eben dieselbe Stufe ein höheres oder tieferes Intervall anzeigen; weil einige Stufen in der großen Tonart anders sind als in der kleinen und weil überdem der Ton auf einer Stufe durch oder b. erhöhet oder erniedriget, werden kann. Wenn die Note eines Tones auf derselbigen Stufe bleibt, sie sei ohne Bezeichnung oder durch und b erhöhet oder erniedriget, so behält das Intervall denselbigen Namen, nur mit dem Zusatz groß oder klein, vermindert oder übermäßig. Daher bekommt man mehrere Arten der Sekunden, Terzen u. s. f. Außerdem aber hat beinahe jeder Grundton, sowohl der größeren als der kleineren Tonart, eine von allen anderen unterschiedene Tonleiter, wie aus der Tabelle der Tonleiter zu sehen ist.5 Was wir von dem Gebrauch dieser Intervalle anzumerken haben, wird in den besonderen Artikeln, über dieselben angeführt. Damit man aber die Namen aller Intervalle, mit ihren genauen Verhältnissen, wie sie in dem von uns angenommenen System vorkommen, auf einmal übersehen könne, wird hier folgende Tabelle eingerückt.

 

Tabelle der Intervalle

 

1. Die übermäßige Prime.6 [= (•) im Bild]

2. Die kleine Sekunde.

3. Die große Sekunde.7 [= (••) im Bild]

4. Die übermäßige Sekunde.

5. Die verminderte Terz.

6. Die kleine Terz.

7. Die große Terz.

8. Die verminderte Quarte.

9. Die vollkommene Quarte.

10. Die übermäßige Quarte.

11. Die falsche Quinte.

12. Die vollkommene Quinte.

13. Die übermäßige Quinte.

14. Die kleine Sexte.

15. Die große Sexte.

16. Die verminderte Septime.

17. Die übermäßige Sexte .

18. Die kleine Septime.

19. Die große Septime.

20. Die verminderte Oktave.

21. Die Oktaven sind alle rein 1/2.8

 

 

_________________

1 Die Größe eines Intervalls wird durch die Länge der beiden Saiten ausgedrückt, welche die Töne angeben. Wenn man z. B. sagt, die große Sekunde sei 8/9 so will dieses so viel sagen, dass das Intervall zwischen zwei Tönen, davon der tiefere von einer Saite angegeben wird, die 9 Fuß lang ist, die höhere von einer Saite die 8 Fuß lang ist, eine große Sekunde sei. Die ses wird im Art. Klang aus führlicher gezeigt.

2 S. Komma; Diesis; Enharmonisch; Limma.

3 S. Kontrapunkt. S. 229 .

4 S. None.

5 S. Tonleiter.

6 Diese Einfassung der Zahlen bedeutet so viel, dass das Verhältnis, welches also eingefasst ist, von dem kurz vorhergehenden auch von dem feinsten Gehör nicht zu unterscheiden sei.

7 Diese Einfassung der Intervalle deutet an, dass das so eingefasste Intervall eben dasselbe sei als das nächstvorhergehende und dass es, nachdem es die Tonart erfordert, auf die eine oder die andere Weise geschrieben werde.

8 Man hat in dieser Tabelle, um einige Brüche abzukürzen, den Ton A 96/161 gesetzt, ob er gleich ganz genau 161/270 ist. S. Temperatur.

 


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