
Die Schicksale dieser Reserve in der Krise von 1842
Dieser Überflüssigen gibt es nach den Berichten der Armengesetzkommisäre durchschnittlich anderthalb Millionen in England und Wales, in Schottland läßt sich die Zahl wegen Mangel an Armengesetzen nicht bestimmen, und von Irland werden wir speziell zu sprechen haben. Diese anderthalb Millionen schließen übrigens nur diejenigen ein, die wirklich die Armenverwaltung um Hülfe ansprechen; die große Menge, die sich, ohne dies letzte, so sehr gescheute Auskunftsmittel anzuwenden, forthilft, ist darin nicht eingeschlossen; dafür fällt aber auch ein guter Teil der obigen Zahl auf die Ackerbaudistrikte und kommt hier also nicht in Betracht. Während einer Krisis vermehrt sich diese Zahl natürlich um ein bedeutendes, und die Not steigt auf den höchsten Grad. Nehmen wir z.B. die Krisis von 1842, die, weil die letzte, auch die heftigste war - denn die Intensität der Krisen wächst mit jeder Wiederholung, und die nächste, die wohl 1847 spätestens eintreten wird,4) wird allem Anscheine nach noch heftiger und dauernder sein. Während dieser Krisis stieg die Armensteuer in allen Städten auf einen nie gekannten Höhepunkt. Unter andern mußten in Stockport von jedem Pfund, das an Hausmiete bezahlt wurde, acht Shilling Armensteuer bezahlt werden, so daß die Steuer allein 40 Prozent vom Mietbetrage der ganzen Stadt ausmachte; dazu standen ganze Straßen leer, so daß mindestens 20 000 Einwohner weniger als gewöhnlich da waren und man an die Türen der leerstehenden Häuser geschrieben fand: Stockport to let - Stockport zu vermieten. In Bolton, wo in gewöhnlichen Jahren der Armensteuer zahlende Mietertrag durchschnittlich 86 000 Pfd. St. betrug, sank er auf 36 000 Pfd. St.; dagegen stieg die Anzahl der zu unterstützenden Armen auf 14 000, also über 20 Prozent der ganzen Einwohnerzahl. In Leeds hatte die Armenverwaltung einen Reservefonds von 10 000 Pfd. St. - dieser, sowie eine Kollekte von 7 000 Pfd. St., wurde schon, ehe die Krisis ihren Höhepunkt erreichte, vollständig erschöpft. So war es überall; ein Bericht, den ein Komitee der Anti-Korngesetz-Ligue im Januar 1843 über den Zustand der Industriebezirke im Jahre 1842 erstattete und der auf ausführlichen Angaben der Fabrikanten beruhte, sagt aus, daß die Armensteuer durchschnittlich doppelt so hoch gewesen sei als 1839 und die Zahl der Unterstützungsbedürftigen sich seit jener Zeit verdreifacht, ja verfünffacht habe; daß eine Menge Applikanten einer Klasse angehörten, die bis jetzt nie um Unterstützung angehalten hätten usw.; daß die arbeitende Klasse über zwei Drittel weniger Lebensmittel zu verfügen habe als 1834/36; daß die Konsumtion von Fleisch bedeutend geringer gewesen sei - an einigen Orten 20 Prozent, an andern bis zu 60 Prozent; daß selbst die gewöhnlichen Handwerker, Schmiede, Maurer usw., die sonst in den gedrücktesten Perioden noch volle Beschäftigung hatten, ebenfalls viel an Mangel an Arbeit und Lohnherabsetzung gelitten hatten - und daß selbst jetzt, im Januar 1843, der Lohn noch fortwährend im Fallen sei. Und das sind Berichte von Fabrikanten!
Die brotlosen Arbeiter, deren Fabriken stillstanden, deren Brotherren ihnen keine Arbeit geben konnten, standen überall auf den Straßen, bettelten einzeln oder in Haufen, belagerten scharenweise die Chausseen und sprachen die Vorüberkommenden um Unterstützung an - sie baten aber nicht kriechend, wie gewöhnliche Bettler, sondern drohend durch ihre Zahl, ihre Gebärden und Worte. So sah es in allen Industriebezirken aus, von Leicester bis Leeds und von Manchester bis Birmingham. Hier und da brachen einzelne Unruhen aus, so im Juli in den Töpfereien von Nord-Staffordshire; die fürchterlichste Gärung herrschte unter den Arbeitern, bis sie endlich im August in der allgemeinen Insurrektion der Fabrikdistrikte zum Ausbruche kam. Als ich Ende November 1842 nach Manchester kam, standen noch überall eine Menge Arbeitsloser an den Straßenecken, und viele Fabriken standen noch still; in den nächsten Monaten bis Mitte 1843 verloren sich die unfreiwilligen Eckensteher allmählich, und die Fabriken kamen wieder in Betrieb.
Was hier für eine Masse von Elend und Not unter diesen Arbeitslosen während einer solchen Krisis herrscht, brauche ich wohl nicht erst zu sagen. Die Armensteuer reicht nicht aus - bei weitem nicht; die Wohltätigkeit der Reichen ist ein Schlag ins Wasser, dessen Wirkung in einem Augenblick verschwunden ist; die Bettelei kann, wo so viele sind, nur wenigen helfen. Wenn nicht die kleinen Krämer den Arbeitern zu solchen Zeiten auf Kredit verkauften, solange sie können - sie lassen sich freilich auch tüchtig dafür nachzahlen -, und wenn nicht die Arbeiter unter sich einander unterstützten, solange sie können, so würde jede Krisis allerdings Massen von "Überflüssigen" durch Hungersnot wegraffen. So aber, da die gedrückteste Epoche doch nur kurz ist, ein Jahr, höchstens zwei oder dritthalb Jahre dauert, kommen die meisten doch noch mit dem nackten Leben und schweren Entbehrungen davon. Daß indirekt, durch Krankheiten usw., in jeder Krisis eine Menge Opfer fallen, werden wir sehen. Einstweilen wenden wir uns zu einer andern Ursache der Erniedrigung, der die englischen Arbeiter anheimgegeben sind, einer Ursache, die noch fortwährend daran arbeitet, jene Klasse immer tiefer und tiefer herabzudrücken.
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4) (1887 Fußnote) And it came in 1847 [Und sie kam 1847].