LIII. Vögel
653. Je weiter wir nun uns gegen die höhern Organisationen bewegen, desto mehr haben wir Ursache, flüchtig und vorübergehend, nur einiges hinzustreuen. Denn alles, was solchen organischen Wesen natürlich begegnet, ist eine Wirkung von so vielen Prämissen, daß, ohne dieselben wenigstens angedeutet zu haben, nur etwas Unzulängliches und Gewagtes ausgesprochen wird.
654. Wie wir bei den Pflanzen finden, daß ihr Höheres, die ausgebildeten Blüten und Früchte auf dem Stamme gleichsam gewurzelt sind und sich von vollkommneren Säften nähren, als ihnen die Wurzel zuerst zugebracht hat; wie wir bemerken, daß die Schmarotzerpflanzen, die das Organische als ihr Element behandeln, an Kräften und Eigenschaften sich ganz vorzüglich beweisen, so können wir auch die Federn der Vögel in einem gewissen Sinne mit den Pflanzen vergleichen. Die Federn entspringen als ein Letztes aus der Oberfläche eines Körpers, der noch viel nach außen herzugeben hat, und sind deswegen sehr reich ausgestattete Organe.
655. Die Kiele erwachsen nicht allein verhältnismäßig zu einer ansehnlichen Größe, sondern sie sind durchaus geästet, wodurch sie eigentlich zu Federn werden, und manche dieser Ausästungen, Befiederungen sind wieder subdividiert, wodurch sie abermals an die Pflanzen erinnern.
656. Die Federn sind sehr verschieden an Form und Größe, aber sie bleiben immer dasselbe Organ, das sich nur nach Beschaffenheit des Körperteiles, aus welchem es entspringt, bildet und umbildet.
657. Mit der Form verwandelt sich auch die Farbe, und ein gewisses Gesetz leitet sowohl die allgemeine Färbung als auch die besondre, wie wir sie nennen möchten, diejenige nämlich, wodurch die einzelne Feder scheckig wird. Dieses ist es, woraus alle Zeichnung des bunten Gefieders entspringt und woraus zuletzt das Pfauenauge hervorgeht. Es ist ein Ähnliches mit jenem, das wir bei Gelegenheit der Metamorphose der Pflanzen früher entwickelt und welches darzulegen wir die nächste Gelegenheit ergreifen werden.
658. Nötigen uns hier Zeit und Umstände über dieses organische Gesetz hinauszugehen, so ist doch hier unsre Pflicht, der chemischen Wirkungen zu gedenken, welche sich bei Färbung der Federn auf eine uns nun schon hinlänglich bekannte Weise zu äußern pflegen.
659. Das Gefieder ist allfarbig, doch im ganzen das gelbe, das sich zum Roten steigert, häufiger als das blaue.
660. Die Einwirkung des Lichts auf die Federn und ihre Farben ist durchaus bemerklich. So ist zum Beispiel auf der Brust gewisser Papageien die Feder eigentlich gelb. Der schuppenartig hervortretende Teil, den das Licht bescheint, ist aus dem Gelben ins Rote gesteigert. So sieht die Brust eines solchen Tiers hochrot aus; wenn man aber in die Federn bläst, erscheint das Gelbe.
661. So ist durchaus der unbedeckte Teil der Federn von dem im ruhigen Zustand bedeckten höchlich unterschieden, so daß sogar nur der unbedeckte Teil, zum Beispiel bei Raben, bunte Farben spielt, der bedeckte aber nicht, nach welcher Anleitung man die Schwanzfedern, wenn sie durcheinander geworfen sind, sogleich wieder zurechtlegen kann.