§ 16. Gebrauch der Begriffe in abstracto und in concreto


Ein jeder Begriff kann allgemein und besonders (in abstracto und in concreto) gebraucht werden. — In abstracto wird der niedere Begriff in Ansehung seines höhern, in concreto der höhere Begriff in Ansehung seines niederen gebraucht.

Anmerk. 1. Die Ausdrücke des Abstrakten und Konkreten beziehen sich also nicht so wohl auf die Begriffe an sich selbst — denn jeder Begriff ist ein abstrakter Begriff — als vielmehr nur auf ihren Gebrauch. Und dieser Gebrauch kann hin wiederum verschiedene Grade haben; — je nach dem man einen Begriff bald mehr bald weniger abstrakt oder konkret behandelt, d. h. bald mehr bald weniger Bestimmungen entweder wegläßt oder hinzusetzt. — Durch den abstrakten Gebrauch kommt ein Begriff der höchsten Gattung, durch den konkreten Gebrauch dagegen dem Individuum, näher.

2. Welcher Gebrauch der Begriffe, der abstrakte oder der konkrete, hat vor dem andern einen Vorzug? — Hierüber läßt sich nichts entscheiden. Der Wert des einen ist nicht geringer zu schätzen, als der Wert des andern. — Durch sehr abstrakte Begriffe erkennen wir an vielen Dingen wenig; durch sehr konkrete Begriffe erkennen wir an wenigen Dingen viel; — was wir also auf der einen Seite gewinnen, das verlieren wir wieder auf der andern. — Ein Begriff, der eine große Sphäre hat, ist in so ferne sehr brauchbar, als man ihn auf viele Dinge anwenden kann; aber es ist auch dafür um so weniger in ihm enthalten. In dem Begriffe Substanz denke ich z. B. nicht so viel als in dem Begriffe Kreide.

3. Das Verhältnis zu treffen zwischen der Vorstellung in abstracto und in concreto in derselben Erkenntnis, also der Begriffe und ihrer Darstellung, wodurch das Maximum der Erkenntnis, dem Umfange so wohl als dem Inhalte nach, erreicht wird, darin besteht die Kunst der Popularität.  


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