Unglücksfälle


Die Arbeit zwischen den Maschinen veranlaßt eine Menge Unglücksfälle, die mehr oder weniger ernster Natur sind und für den Arbeiter noch dazu die Folge haben, daß sie ihn teilweise oder ganz zu seiner Arbeit unfähig machen. Am häufigsten kommt es vor, daß ein einzelnes Glied von einem Finger abgequetscht wird, seltner schon, daß ganze Finger, eine halbe oder ganze Hand, ein Arm usw. von den Rädern ergriffen und zermalmt wird. Sehr häufig tritt nach diesen, selbst den geringeren Unfällen Maulsperre ein und zieht den Tod nach sich. Man sieht in Manchester außer den vielen Krüppeln auch eine große Anzahl Verstümmelter umhergehen; dem einen fehlt der ganze oder halbe Arm, dem andern der Fuß, dem dritten das halbe Bein; man glaubt unter einer Armee zu leben, die eben aus dem Feldzuge zurückkommt. Die gefährlichsten Stellen der Maschinerie sind aber die Riemen, welche die Triebkraft vom Schaft auf die einzelnen Maschinen leiten, besonders wenn sie Schnallen haben, die man indes selten mehr findet. Wer von diesen Riemen ergriffen wird, den reißt die treibende Kraft pfeilschnell mit sich herum, schlägt ihn oben gegen die Decke und unten gegen den Fußboden mit solcher Gewalt, daß selten ein Knochen am Körper ganz bleibt und augenblicklicher Tod erfolgt. Zwischen dem 12. Juni und 3. August l844 berichtet der "Manchester Guardian" über folgende ernstliche Unglücksfälle - die leichtern erwähnt er gar nicht: 12. Juni, ein Knabe starb in Manchester an der Mundklemme infolge einer zwischen Rädern zerquetschten Hand. - 15. Juni und starb an den erlittenen Verstümmelungen. - 3. August, ein Spulendrechsler starb, von einem Riemen fortgerissen, in Dukinfield - alle Rippen waren zerbrochen. - Das Krankenhaus von Manchester hatte im Jahre 1843 allein 962 Verwundungen und Verstümmelungen durch Maschinerie zu heilen, während die Anzahl aller übrigen Unglücksfälle im Bereich des Krankenhauses auf 2 426 sich beliefen, so daß auf fünf Unglücksfälle aus allen andern Ursachen zwei durch Maschinerie kamen. Die in Salford vorgekommenen Unfälle sind hier nicht eingeschlossen, ebensowenig die, welche von Privatärzten geheilt wurden. Die Fabrikanten bezahlen bei solchen Unglücken, sie mögen arbeitsunfähig machen oder nicht, höchstens den Arzt und, wenn es sehr hoch kommt, den Lohn während der Dauer der Kur - wohin der Arbeiter später gerät, wenn er nicht arbeiten kann, ist ihnen gleichgültig.

Der Fabrikbericht sagt über diesen Gegenstand: In allen Fällen müsse der Fabrikant verantwortlich gemacht werden: denn Kinder könnten sich nicht in acht nehmen und Erwachsene würden sich in ihrem eignen Interesse schon in acht nehmen. Aber es sind Bourgeois, die den Bericht schreiben, und daher müssen sie sich widersprechen und nachher allerlei Salbaderei über "sündliche Verwegenheit" (culpable temerity) der Arbeiter vorführen. Einerlei. Die Sache ist diese: Wenn Kinder sich nicht in acht nehmen können, so muß die Arbeit von Kindern verboten werden. Wenn Erwachsene sich nicht gehörig in acht nehmen, so müssen sie entweder Kinder sein, auf einer Bildungsstufe stehen, die ihnen nicht erlaubt die Gefahr in ihrer ganzen Größe zu erkennen - und wer ist daran schuld als die Bourgeoisie, die sie in einer Lage erhält, in der sie sich nicht bilden können? - oder die Maschinen sind schlecht arrangiert und müssen mit Brustwehren oder Verschlägen umgeben werden, was auch dem Bourgeois zur Last fällt - oder der Arbeiter hat Motive, die die drohende Gefahr überwiegen, er muß rasch arbeiten, um Geld zu verdienen, und hat keine Zeit, sich in acht zu nehmen etc. auch daran ist der Bourgeois schuld. Viele Unglücksfälle kommen z.B. vor, wenn die Arbeiter Maschinen reinigen wollen, während diese in Bewegung sind. Weshalb? Weil der Bourgeois die Arbeiter zwingt, während der Freistunden, wenn sie stillstehen, die Maschinen zu putzen, und der Arbeiter natürlich keine Lust hat, sich von seiner freien Zeit etwas abnagen zu lassen. So viel ist dem Arbeiter jede freie Stunde wert, daß er sich oft lieber zweimal wöchentlich in Lebensgefahr begibt, als sie dem Bourgeois opfert. Laßt die Fabrikanten die zum Putzen der Maschinen nötige Zeit von der Arbeitszeit nehmen, und es wird keinem Arbeiter mehr einfallen, laufende Maschinerie zu putzen. Kurz, in allen Fällen fällt die letzte Schuld auf den Fabrikanten, von dem im gelindesten Falle die lebenslängliche Unterstützung des arbeitsunfähig gewordenen Arbeiters oder bei Todesfällen seiner Familie zu verlangen wäre. In den ersten Zeiten der Industrie waren die Unfälle verhältnismäßig viel zahlreicher als jetzt, weil die Maschinen schlechter, kleiner, gedrängter und fast gar nicht verschlagen waren. Wie aber obige Angaben beweisen, ist ihre Zahl noch immer groß genug, um ernste Bedenken über einen Zustand rege zu machen, der erlaubt, daß so viele Verstümmelungen und Verwundungen zum Besten einer einzigen Klasse vorkommen und so mancher fleißige Arbeiter durch ein Unglück, das er im Dienst und durch Verschulden der Bourgeoisie erlitt, der Not und dem Hunger preisgegeben wird.


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